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Diagnose Krebs und der Umgang mit den eigenen Gefühlen

Diagnose Krebs und der Umgang mit den eigenen Gefühlen

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Autor: Mika Redaktion
Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 2. November 2022
Lesedauer ca.

In diesem Artikel bekommst Du:

  • Informationen zu typischen Gefühlen, die Dich bei einer Krebserkrankung begleiten
  • Tipps und Hilfe im Umgang mit den Gefühlen

Ganz egal, ob Du noch am Anfang Deiner Erkrankung stehst, Dich in Behandlung befindest oder die Therapie bereits überstanden hast – jede Phase der Erkrankung kann in Dir starke Gefühle auslösen. Vielleicht wechseln Deine Gefühle auch häufig. Oder Du reagierst anders, als Du es bisher kennst?

Du bekommst die Kontrolle zurück, wenn Du besser einordnen kannst, was in Dir vorgeht und Du Wege findest, mit den Gefühlen umzugehen. Hier gilt es, Deinen eigenen, ganz persönlichen Weg zu finden.

Wichtig: Sprich mit Deinem Behandlungsteam über Deine Gefühle. Es kann Dir Tipps und Therapien vorschlagen. 

Ergänzend dazu kannst Du Dir die Mika-Themenreisen „Stress mindern“, „Kontrolle gewinnen“ und „Gefühle steuern“ ansehen.

Im Folgenden bekommst Du einen Überblick und Informationen zu Gefühlen, die unter anderem mit einer Krebserkrankung einhergehen können.

Die Diagnose und das Gefühl der Überwältigung

Wann?
Überwältigt fühlst Du Dich wahrscheinlich vor allem kurz nach der Diagnose.

Was?
Vielleicht hast Du das Gefühl, dass Dein Leben völlig außer Kontrolle geraten ist. Vielleicht fragst Du Dich:

  • Wie soll es weitergehen? Wie kann ich das überleben?
  • Wie soll mein Alltag weitergehen mit all den Arztterminen und Behandlungen?
  • Was bedeuten all diese medizinischen Begriffe und wie soll ich das alles verstehen?
  • Kann ich noch meinen Hobbys und Plänen nachgehen?
  • Wie soll ich mich in dieser Situation verhalten? Wie kann ich meinen Lieben nah bleiben, wenn ich mich in dieser neuen, beängstigenden Situation befinde und meine Angehörigen nicht verstehen können, wie sich das anfühlt?

Vielleicht kannst Du die neue Situation auch eine Weile lang nicht so richtig glauben und fühlst Dich wie in einem seltsamen Traum.

Was hilft jetzt? 

Vielen Menschen hilft es, wenn sie sich nach und nach über die Erkrankung informieren. Lasse Dir bewusst Zeit dafür. Meist braucht es etwas, bis Du die Diagnose annehmen und nach vorne sehen kannst.

Je mehr Du über die verschiedenen Behandlungsmethoden und Hilfsangebote weißt, umso sicherer fühlst Du Dich damit und kannst die Situation auch annehmen.

  • Frag Dein Behandlungsteam, wie die genaue Diagnose lautet.
  • Frage, wenn Du etwas nicht verstehst.
  • Nimm vertraute Menschen mit zum Arzttermin. Deine Begleitung kann auch mitschreiben.
  • Vielleicht kann Dir auch eine Selbsthilfegruppe helfen. Meist bieten diese Gruppen umfassendes Informationsmaterial zur Erkrankung und Behandlung, einfach und verständlich geschrieben.

Auch Ablenkung kann guttun. Wenn es Dir körperlich gut geht, dann bleib aktiv. Ganz egal, ob Du Dich mit Freunden triffst, Dich einer Sportgruppe anschließt oder Du Dir Zuhause mit Musik, Basteln oder Lesen die Zeit vertreibst. Gerade kreative Tätigkeiten helfen, Gefühle zu verarbeiten. Kreative Beschäftigungen können Dich entlasten.

Wut auf die Situation, Deinen Körper, Deine Mitmenschen

Wann?
Zu jedem Zeitpunkt kann Wut aufflammen.

Was?
Wahrscheinlich kennst Du die Frage: „Warum ich?“. Du bist wütend auf den Krebs, Deinen Körper, wütend auf Ärztinnen und Ärzte, wütend auf Deine gesunden Freunde und vielleicht sogar auf die Familie, die mit Ratschlägen helfen möchte, aber doch nicht so recht helfen kann.

Diese Wut hat oftmals eine einfache Ursache: Sie entsteht durch Angst und vielleicht auch Frustration und Hilflosigkeit aufgrund der neuen Lebenssituation.

Was hilft jetzt? 

  • Versuche, Deine Wut nicht herunterzuschlucken. Spreche, schreibe oder schreie – finde Dein Ventil. So hilfst Du Dir dabei, dass die Wut nicht in unpassenden Momenten hochkocht.
  • Versuche, mit Deiner Familie oder Freunden über Deine Gefühle zu sprechen.
  • Bewegung hilft – auch wenn Dir nicht danach ist. In die Luft boxen oder einfach ein strammer Spaziergang: Kraftvolle Bewegungen können Wutgefühle mindern.
  • Schreibe auf, was Dir in den Sinn kommt. Vielleicht willst Du so fest aufdrücken, dass das Papier zerreißt. Na und?
  • Mach einen Termin in einer psychoonkologischen Praxis aus. Dein Behandlungsteam kann Dir Namen und Kontaktadressen nennen.
  • Mach Dir klar: Die Wut kann auch einen positiven Nebeneffekt haben: Sie kann Dich zum Handeln motivieren und antreiben.

Hoffnung – zu der Du allen Grund hast!

Wann?
Hoffnung stellt sich häufig dann ein, wenn Du die Erkrankung akzeptierst. Und das ist ein wichtiges und richtiges Gefühl.

Was?
Du hörst ermutigende Therapiepläne von Deinem Behandlungsteam. Deine Vertrauenspersonen sind zuversichtlich und geben Dir Kraft. Vielleicht merkst Du auch in Dir selbst das Gefühl, dass Du die neue Situation meistern kannst.

Heutzutage sind die Behandlungsmöglichkeiten gut wie nie zuvor. Millionen von Menschen leben bereits seit vielen Jahren gut mit ihrer Erkrankung oder haben diese besiegt. Aufgrund moderner und besser verträglicher Therapien lässt sich meist auch während der Behandlung ein aktives Leben führen.

So förderst Du ein hoffnungsvolles Gefühl

  • Plane Deine Tage mit Dingen, die Dir wichtig sind.
  • Lass Dich durch die Erkrankung nicht von Dingen abhalten, die Dir Spaß machen.
  • Suche nach Gründen, um Hoffnung zu haben. Wenn es hilft, schreib sie Dir auf oder sprich mit anderen darüber.
  • Verbringe Zeit in der Natur.
  • Male Dir eine positive Zukunft aus. Schon solche positiven Vorstellungen können Deine Laune weiter heben und Dir Kraft spenden. Auch der Glaube kann Dir dabei helfen.
  • Höre Dir Geschichten von anderen an, die gut mit der Erkrankung leben und dies vielleicht schon seit vielen Jahren.

Angst, Sorgen und Stress durchfluten Dich

Wann?
Ängste und Anspannung begleiten Dich wahrscheinlich für die Zeit der Erkrankung und auch, wenn der Krebs weg ist.

Was?
Viele Dinge können Dir bei einer Krebserkrankung Angst und Stress machen, wie Schmerzen, verändertes Aussehen, Geldnöte, das Sterben – oder, wenn der Krebs weg ist: die Angst, dass er wiederkommt. Vielleicht spürst Du sogar Gefühle der Panik.

Es kann sein, dass Du unter anderem:

  • schlecht schläfst
  • unkonzentriert bist
  • appetitlos bist
  • launisch bist
  • sehr unruhig bist, bis hin zu Herzklopfen, Schweißausbrüchen und Ähnlichem. In manchen Fällen können Panikattacken stärker sein und häufiger auftreten. Bei Panikattacken solltest Du nicht zögern und Deinem Behandlungsteam Bescheid sagen. 

Was hilft?
Es ist immer wichtig, Deine Gefühle mit dem Behandlungsteam zu besprechen. Panikattacken sollten behandelt werden.

Gegen Anspannungen und Ängste helfen erwiesenermaßen verschiedene Entspannungsübungen, wie:

  • progressive Muskelentspannung
  • geleitete Imagination
  • Yoga, Tai Chi, Qi Gong
  • Achtsamkeitsübungen
  • Atemübungen
  • Meditationen
  • auch kreative Techniken bzw. künstlerische Therapien können entspannen, z. B. Musik- oder Schreibtherapie

In der Mika-App kannst Du einige Yoga-, Atem- und Entspannungsübungen ausprobieren!

Zudem ist es hilfreich, wenn Du Dich bei vertrauenswürdigen Quellen informierst, sodass Du Dir ein möglichst realistisches Bild von Deiner nahen Zukunft machen kannst. Zwar kannst Du nicht genau vorhersagen, wie sich Deine Situation entwickelt. Aber so kannst Du Deine Sorgen mit der Realität abgleichen und vielleicht die ein oder anderen unbegründeten Sorgen gehen lassen.

  • Frag Dein Behandlungsteam, lass Dir alles genau erklären:
    • Was erwartet Dich während der Behandlung?
    • Was kannst Du selbst tun, um Nebenwirkungen zu mildern?
    • Was ist für diese neue Situation wichtig zu wissen?
  • Lese Dich hier in Mika in die für Dich relevanten Themen ein.
  • Du kannst Dir die offiziellen Patientenleitlinien durchlesen: HIER.
  • Die kostenlose blaue Ratgeberreihe von der Krebshilfe kannst Du im Netz lesen oder kostenlos bestellen: KLICK HIER 

Einige Studien deuten sogar darauf hin, dass Menschen, die gut über ihre Krankheit und ihre Behandlung informiert sind, sich eher an ihre Behandlungspläne halten und schneller von der Krebserkrankung genesen als diejenigen, die dies nicht tun.

Dennoch kann es auch Zeiten geben, in denen Du eine Info-Pause brauchst und Dich vorübergehend lieber ablenkst.

Traurigkeit und depressive Verstimmungen

Wann?
Trauer ist normal nach der Diagnose, während der Therapie, aber auch nach erfolgreicher Therapie. Viele Menschen mit Krebs haben aber gerade zu Beginn der Erkrankung ein Gefühl der Trauer.

Was?
Eine Krebserkrankung ist auch ein Abschied vom Alltag, wie er bisher war und von einigen Zukunftsplänen – zumindest vorübergehend. Neue Termine, neue Abläufe und Sorgen bestimmen plötzlich Deinen Alltag.

Vielleicht fühlst Du Dich völlig kraftlos, hast keinen Appetit oder Interesse an alltäglichen Dingen. Das ist eine Reaktion auf die veränderte Situation. Meist verschwinden diese Gefühle im Laufe der Zeit oder lassen nach.

Ist dies bei Dir nicht so? Werden die schmerzhaften Gefühle vielleicht sogar noch stärker und behindern Dein tägliches Leben? Dann kann dies auf eine mögliche depressive Verstimmung hindeuten.

Was hilft jetzt? 

  • Sprich frühzeitig mit Deinem Behandlungsteam über alle belastenden Gefühle. Es kann Dir Tipps und Therapien vorschlagen.
  • Eventuell helfen Dir Gespräche mit psychologischem Fachpersonal oder Treffen mit anderen Menschen in Deiner Situation, beispielsweise in einer Selbsthilfegruppe.
  • Ergänzend dazu kannst Du Dir die Mika-Themenreisen „Stress mindern“, „Kontrolle gewinnen“ und „Gefühle steuern“ ansehen.

Einsamkeit und das Gefühl von Isolation

Wann?
Über die Dauer der Erkrankung und Behandlung kann es immer wieder Zeiten geben, in denen Du Dich alleine fühlst. Auch nach der Therapie kannst Du Dich einsam fühlen, weil es längere Zeit brauchen kann, bis Du Dich wieder im Alltag einer gesunden Person „zu Hause fühlst“.

Was?
Du alleine musst die Therapien meistern. Du alleine weißt, wie es sich anfühlt.
Die Menschen um Dich herum können weiter ihren Hobbys und der Arbeit nachgehen. Manche Freunde und Familienmitglieder melden sich vielleicht seltener, weil sie unsicher sind, wie sie auf Dich zugehen sollen.
Nach abgeschlossener Therapie fehlt Dir vielleicht vorerst der Kontakt zu Deinem Behandlungsteam und die Menschen, an die Du Dich während der Therapien gewöhnt hast.

Was hilft jetzt? 

  • Wenn sich Menschen von Dir abwenden, mach Dir klar: Sie haben keine Erfahrung mit dem, was Dir passiert. Da hast Du einen Wissensvorsprung. Und sei gewiss: Sehr gute Freunde und tiefe Verbindungen zu Deinen Mitmenschen wird die Erkrankung nicht trennen können.
  • Es ist Zeit für neue Aktivitäten, wenn Deine bisherigen Hobbys oder Tätigkeiten gerade nicht möglich sind. Frage Sport-Kolleginnen und -Kollegen, ob ihr nicht spazieren oder telefonieren könnt. Manchmal kannst Du während der Erkrankung neue, schöne Tätigkeiten entdecken, wie Handarbeit oder andere kreative Tätigkeiten.
  • Als sehr hilfreich empfinden die meisten Menschen den Kontakt zu Gleichgesinnten. Überall in Deutschland gibt es Selbsthilfegruppen. Vielleicht kostet es Dich etwas Überwindung, den ersten Kontakt aufzunehmen. Aber es wird sich lohnen!
  • Bei überstandener Therapie: Erwarte nicht von Dir, dass alles sofort wieder so sein wird, wie vor der Erkrankung. Es kann Dir guttun, weiterhin den Kontakt zu Menschen zu pflegen, die Du während der Zeit der Erkrankung kennengelernt hast. Erkläre auch Deinen Mitmenschen, was in Dir vorgeht und dass die Erkrankung im Kopf nicht einfach abgehakt werden kann.

Du fühlst Dich schuldig

Wann?
Während der Zeit der Erkrankung. Häufig dann, wenn Du Hilfe brauchst.

Was?
Du stellst fest: Deine Erkrankung beeinflusst auch andere – Deine Kollegen, die möglicherweise Arbeiten für Dich übernehmen. Aber viele Menschen mit Krebs sorgen sich vor allem um Familie und Freunde, von denen sie Hilfe brauchen und denen sie nahestehen.

Vielleicht fragst Du Dich auch, ob Du selbst schuld bist an Deiner Erkrankung.

Was hilft jetzt? 

  • Spreche offen mit den Personen, die Dir nahestehen. Es kann Dir Erleichterung bringen, wenn Du aussprichst, was Du Dir für Deine Lieben wünschst, welche Hilfe Du möchtest und wenn Du aber auch allein sein möchtest und sie ihrem Leben nachgehen können.
  • Befreie Dich von Schuldgedanken. Wissenschaftlich ist erwiesen: Krebs ist schicksalshaft.

Zusammengefasst

Angst, Hoffnung, Wut, Einsamkeit, Dankbarkeit, Schuld – viele Gefühle können die Krebserkrankung begleiten. Du fühlst Dich stabiler, wenn Du Dich mit den Gefühlen auseinandersetzt. Sie können auch eine Chance sein, Dich selbst besser kennenzulernen und Dich zu motivieren.

Das kannst Du tun

  • Sprich mit Deinem Behandlungsteam über negative Gefühle.
  • Pflege einen gesunden Lebensstil, ohne Dich zu überfordern.
  • Probiere verschiedene Dinge aus, die Dir bei negativen oder schnell wechselnden Gefühlen guttun.
  • Vielleicht stellst Du fest, dass Deine Angehörigen ähnliche Gefühle haben. Teile mit ihnen die Tipps. Vielleicht kannst Du so auch ihnen helfen.

Quellen

  • National Cancer Institute (2021). Feelings and Cancer, Stand: 23.11.2021. Abgerufen am 29.09.2022 von www.cancer.gov
  • Cancer Research UK (2019). Managing your emotions. Stand: 17.09.2019. Abgerufen am 29.09.2022 von www.cancerresearchuk.org
  • Künzler, A., Mamié, S., & Schürer, C. (2012). Diagnose-Schock: Krebs: Hilfe für die Seele-Konkrete Unterstützung-Für Betroffene und Angehörige. Springer-Verlag.
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Geschrieben von Mika Redaktion
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Das Redaktionsteam von Mika arbeitet mit medizinischen Fachleuten, ausgebildeten Journalisten, Fachexperten und Psychoonkologen zusammen.
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