Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 8. Juli 2024
Es gibt mehrere mögliche Therapien bei Prostatakrebs. Welche davon im Einzelfall gewählt werden, hängt in der Regel von der Art und dem Stadium des Tumors ab. Die gute Nachricht für alle Betroffenen: Neben bewährten Behandlungsansätzen wird ständig an neuen Methoden zur Behandlung von Prostatakrebs geforscht.
In diesem Artikel erfährst Du, welche Behandlungsoptionen es bei Prostatakrebs gibt. Dabei werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten sowie mögliche Nebenwirkungen erläutert. Außerdem erhältst Du Tipps, um im Alltag besser mit den Auswirkungen der Behandlung umzugehen.
Welche Möglichkeiten gibt es für die Prostatakrebs-Behandlung?
Wie Prostatakrebs am besten behandelt wird, unterscheidet sich von Fall zu Fall und von Person zu Person. Entscheidend ist bei der Auswahl der Therapie, ob der Krebs geheilt oder die Symptome von Prostatakrebs behandelt werden sollen. Entweder wird dafür ein einzelner oder eine Kombination verschiedener Behandlungsansätze angewandt.
Häufig arbeitet ein fachübergreifendes Team an der Behandlung von Prostatakrebs. Expertinnen und Experten aus verschiedenen medizinischen Fachgebieten erarbeiten gemeinsam in einer sogenannten Tumorkonferenz die geeignetste Therapie für die jeweilige Situation. Dies sind einige der möglichen Behandlungsmethoden bei Prostatakrebs:
- Beobachten und Abwarten (Watchful Waiting)
- Aktive Überwachung (Active Surveillance)
- Operation der Prostata
- Strahlentherapie
- Hormontherapie
- Chemotherapie
- Zielgerichtete Therapie
Aktive Überwachung
Beim Active Surveillance von Prostatakrebs handelt es sich um eine Strategie zur Überwachung von Prostatakrebs, der als nicht aggressiv eingestuft wird und voraussichtlich langsam wächst. Wenn der Krebs wächst, dann wird der Krebs heilend behandelt. Dieser Ansatz ist häufig bei Männern eine Option, deren Krebs bei der Diagnose klein und auf die Prostata beschränkt ist und die keine Symptome aufweisen.
Die wesentlichen Aspekte des Active Surveillance sind:
- Regelmäßige Tests und Überwachung: Patienten unterziehen sich regelmäßigen PSA-Tests (Prostataspezifisches Antigen), digitalen rektalen Untersuchungen und wiederholten Biopsien. Ziel ist es, Anzeichen einer Progression oder Veränderung des Tumors frühzeitig zu erkennen.
- Entscheidung zur Behandlung: Wenn sich Anzeichen zeigen, dass der Krebs fortschreitet oder aggressiver wird, kann der behandelnde Arzt eine aktive Behandlung empfehlen. Diese hat das Ziel der Heilung. Die Entscheidung, wann mit einer intensiveren Behandlung begonnen werden soll, basiert auf regelmäßigen Testergebnissen und den Wünschen des Patienten.
- Patientenbeteiligung: Patienten, die sich für Active Surveillance entscheiden, müssen eng mit ihrem medizinischen Team zusammenarbeiten und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Diese Methode erfordert auch eine gute Kommunikation und Verständnis für die möglichen Risiken und Vorteile.
Beobachten und Abwarten
Watchful Waiting (achtsames Warten) ist eine weitere Strategie zur Überwachung von Prostatakrebs, die sich jedoch von Active Surveillance unterscheidet. Während Active Surveillance aktives Monitoring mit dem Ziel der frühzeitigen, heilenden Behandlung bei Anzeichen einer Progression beinhaltet, ist Watchful Waiting eine weniger intensive Form der Beobachtung, die typischerweise für Männer angewandt wird, die aufgrund ihres Alters oder gesundheitlicher Probleme keine aggressive Behandlung des Prostatakrebses durchführen würden. Behandelt wird erst, wenn es zu Beschwerden durch den Krebs kommt. Es ist eine palliative, lindernde Behandlungsstrategie.
Die wesentlichen Aspekte des Watchful Waiting sind:
- Zielgruppe: Watchful Waiting wird oft bei älteren Männern oder bei solchen mit begrenzter Lebenserwartung aufgrund anderer Erkrankungen eingesetzt, bei denen die Risiken und Nebenwirkungen einer aggressiven Krebsbehandlung die möglichen Vorteile überwiegen würden.
- Überwachung: Die Überwachung bei Watchful Waiting ist weniger häufig und weniger intensiv als bei Active Surveillance. Es können regelmäßige PSA-Tests und Arztbesuche durchgeführt werden, jedoch wird hierbei auf wiederholte Biopsien verzichtet.
- Reaktion auf Symptome: Im Gegensatz zur Active Surveillance, bei der die Behandlung bei Anzeichen einer Progression initiiert wird, zielt Watchful Waiting darauf ab, Symptome zu behandeln, wenn sie erscheinen und die Lebensqualität beeinträchtigen. Die Behandlung ist in der Regel palliativ, nicht kurativ.
- Entscheidungsfindung: Die Entscheidung für Watchful Waiting basiert oft auf einer umfassenden Bewertung der Lebensqualität des Patienten, seiner Lebenserwartung und seiner persönlichen Wünsche. Es geht darum, die verbleibende Lebenszeit so angenehm wie möglich zu gestalten, ohne durch die Nebenwirkungen einer aggressiven Behandlung belastet zu werden.
Operation der Prostata
Falls sich der Krebs noch nicht auf das umliegende Gewebe ausgebreitet hat, kann der Tumor durch eine Operation der Prostata entfernt werden. Der Eingriff heißt radikale Prostatektomie oder auch radikale Prostataentfernung. Bei dieser Operation werden die Prostata, die Bläschendrüsen und das umliegende Gewebe entfernt. In manchen Fällen entfernt man auch die Lymphknoten in diesem Bereich. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Eingriffen, über die Dich Dein behandelndes Ärzteteam aufklärt.
Strahlentherapie
Bei der Behandlung von Prostatakrebs mit Strahlentherapie gibt es hauptsächlich zwei Methoden: die perkutane Strahlentherapie und die Brachytherapie. Beide Ansätze haben spezifische Vorteile und Nachteile und können je nach individueller Situation des Patienten eine Option darstellen.
Die perkutane Strahlentherapie, auch bekannt als externe Strahlentherapie, beinhaltet die Bestrahlung der Prostata von außen mit hochenergetischen Strahlen. Die Brachytherapie, auch bekannt als interne Strahlentherapie, umfasst das Einbringen von radioaktiven Quellen direkt in die Prostata.
Hormontherapie
Die Hormontherapie bei Prostatakrebs befasst sich mit den männlichen Geschlechtshormonen, den sogenannten Androgenen. Diese werden blockiert, sodass Krebszellen in der Prostata nicht mehr oder langsamer anwachsen. In der Medizin nennt man diese Methode auch Androgendeprivationstherapie (ADT).
Chemo- oder zielgerichtete Therapie
Bei Chemotherapien und zielgerichteten Therapien werden Medikamente entweder oral oder durch eine Injektion verabreicht. Diese Medikamente töten Krebszellen ab und halten den Krebs vom Wachstum ab.
Erforschung weiterer Prostatakrebs-Therapien
Es gibt auch einige neuere Behandlungsansätze, die derzeit im Rahmen klinischer Studien geprüft werden. Dazu gehören u.a.:
- Kältebehandlung (Kryotherapie) – Abtöten der Krebszellen durch Einfrieren
- Therapie mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall – Abtöten der Krebszellen durch Ultraschall
- Protonenstrahlentherapie – Bei dieser Form der Strahlentherapie werden Protonen anstelle von Röntgenstrahlen benutzt, um Krebszellen zu zerstören.
- Photodynamische Therapie – Hierbei kommen ein bestimmtes Medikament sowie ein Laser zum Einsatz, um Krebszellen abzutöten.
Wie hängen das Stadium des Prostatakrebs und die Behandlung zusammen?
Nach der Diagnose von Prostatakrebs werden das Stadium und der Grad des Krebs bestimmt. Faktoren wie Art, Größe und Ausbreitung des Tumors entscheiden darüber, welche Behandlungsmethoden am besten geeignet sind. Grundsätzlich wird bei Prostatakrebs zwischen 4 Stadien unterschieden:
- Stadium 1: Der Tumor ist nicht tastbar und hat sich noch nicht außerhalb der Prostata ausgebreitet.
- Stadium 2: Der Tumor ist tastbar, hat sich aber noch nicht außerhalb der Prostata ausgebreitet.
- Stadium 3: Der Krebs hat sich auf das umliegende Gewebe der Prostata ausgebreitet.
- Stadium 4: Der Krebs hat sich auf die Lymphknoten oder auf weiter entfernte Teile des Körpers ausgebreitet.
Das Stadium des Prostatakrebs liefert Hinweise über den weiteren Verlauf der Erkrankung sowie passende Behandlungsoptionen.
Die Bewertung anhand des Gleason-Scores
Der Gleason-Score ist eine Methode, die Ärzte verwenden, um zu bestimmen, wie aggressiv Prostatakrebs ist. Nachdem Proben des Prostatagewebes entnommen wurden, schaut sich ein Pathologe diese unter einem Mikroskop an, um zu sehen, wie sehr die Krebszellen von normalen Prostatazellen abweichen.
Die Zellen werden auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet:
Grad 1: Die Zellen sehen fast wie normale Prostatazellen aus und wachsen langsam.
Grad 5: Die Zellen sehen sehr unnormal aus und wachsen wahrscheinlich schnell.
Berechnung des Gleason-Scores
Der Pathologe ermittelt die zwei häufigsten Zellmuster in der Probe Die Punktwerte dieser zwei häufigsten Muster werden dann addiert, um den Gleason-Score zu bilden.
Gleason-Score 6 oder niedriger (z.B. 3+3): Der Krebs wird als nicht sehr aggressiv angesehen.
Gleason-Score 7 (z.B. 3+4 oder 4+3): Ein Score von 7 kann unterschiedlich interpretiert werden. Ein 3+4=7 bedeutet, dass die Mehrheit der Zellen mäßig abnormal ist, während ein 4+3=7 anzeigt, dass ein größerer Anteil der Zellen aggressiver ist.
Gleason-Score 8-10 (z.B. 4+4, 5+3): Diese Scores zeigen an, dass der Krebs aggressiver ist und sich wahrscheinlich schnell ausbreitet.
Warum der Gleason-Score wichtig ist
Dieser Score hilft Ärzten zu entscheiden, wie die Behandlung aussehen sollte. Ein niedriger Score könnte bedeuten, dass man den Krebs vielleicht nur beobachten kann, während ein hoher Score wahrscheinlich aktivere Behandlungen wie Operation oder Strahlentherapie erfordert.
Durch diese Einteilung können Ärzte besser abschätzen, wie intensiv die Behandlung sein sollte, um die beste Chance auf Heilung oder Kontrolle des Krebses zu erhalten.
Welche Nebenwirkungen treten bei der Behandlung von Prostatakrebs auf?
Abhängig davon, wie Prostatakrebs behandelt wird, können unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen nach einer Prostataoperation und nach der Behandlung durch Strahlen sind Impotenz (Erektionsstörungen) und Inkontinenz (Verlust der Kontrolle über die Blase).
Bei der Strahlentherapie können sich zudem andere Arten von Krebs in naheliegenden Organen – zum Beispiel in der Blase oder dem Darm – entwickeln.
Auch die Hormontherapie kann unterschiedliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Dazu gehören:
- Hitzewallungen
- Erektionsstörungen
- Weniger Lust auf Sex bzw. Verlust der Libido
- Muskelabbau
- Knochenabbau
- Gewichtszunahme
Was ist der Unterschied zwischen Strahlen- und Chemotherapie bei Prostatakrebs?
Sowohl bei der Strahlen- als auch bei der Chemotherapie werden Krebszellen angegriffen. Dabei soll der Krebs entweder geheilt oder eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindert werden.
Normalerweise wird Prostatakrebs durch eine Kombination mehrerer Behandlungsansätze therapiert. Welche Therapien im Einzelfall eingesetzt werden, bestimmt das behandelnde Ärzteteam zusammen mit den Patienten.
Der Unterschied ist, dass die Krebszellen bei der Strahlentherapie mithilfe von Röntgenstrahlen angegriffen werden, während sie bei der Chemotherapie durch den Einsatz von Medikamenten behandelt werden.
Wie funktioniert die Hormontherapie bei Prostatakrebs?
Die Hormontherapie bei Prostatakrebs wirkt sich auf die männlichen Geschlechtshormone aus. Dazu gehören Hormone wie Testosteron und Dihydrotestosteron. Sie sind wichtig für das Zellwachstum in der Prostata.
Allerdings können sie auch das Wachstum von Krebszellen verstärken. Man kann diese Hormone allerdings mithilfe von Medikamenten blockieren. Dadurch wird das Wachstum des Tumors gebremst.
Wie wird die Entscheidung für eine Behandlungsmethode getroffen?
Ob bei Prostatakrebs erst einmal abgewartet werden kann oder eine Therapie eingeleitet wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Alter, das Stadium des Krebs, das vorliegenden von Symptome sowie vor allem vom Wunsch des Betroffenen.
Bei älteren Männern ohne Symptome, bei denen der Tumor nur langsam wächst, wird der Verlauf der Erkrankung in der Regel zunächst einmal aktiv beobachtet. Dabei werden die PSA-Werte im Blut regelmäßig auf Auffälligkeiten hin untersucht und die Prostata regelmäßig punktiert. So kann die Behandlung zeitnah begonnen werden, falls sich zum Beispiel der Gleason Score ändert
Wie sollte man seinen Lebensstil während der Behandlung von Prostatakrebs anpassen?
Auf die folgenden Arten kann der Verlauf einer Prostatakrebs-Behandlung positiv beeinflussen werden:
- Eine gesunde, ausgewogene Ernährung, mit genügend Obst und Gemüse, reich an Ballaststoffen und möglichst arm an gesättigten Fetten.
- Vermeiden von Tabakkonsum
- Regelmäßige Bewegung
- Reduzieren von Stress und Achtgeben auf die mentale Gesundheit.
Zusammenfassung
Bei der Behandlung von Prostatakrebs werden oft unterschiedliche therapeutische Ansätze kombiniert. Zu bewährten Behandlungsmethoden gehören Operationen, Chemo-, Strahlen- und Hormontherapien. Es gibt auch neuere Behandlungsmethoden, die allerdings noch im Rahmen klinischer Studien geprüft werden. Dazu gehören Ansätze wie Kältetherapie und die photodynamische Therapie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Urologie (2024): “Evidenztabellen der S3-Leitlinie Prostatakarzinom”, letzter Zugriff am: 11.4.24
- Deutsche Gesellschaft für Urologie (2024): Prostatakarzinom., letzter Zugriff am: 11.4.24
- NIH (2023). [Drugs approved for prostate cancer], letzter Zugriff am: 26.1.24
- NIH (2023). [Prostate cancer treatment (PDQ) - patient version], letzter Zugriff am: 26.1.24
- NHS (2021). [Treatment prostate cancer], letzter Zugriff am: 26.1.24