Prostatakrebs
Wie wird Prostatakrebs im frühen Stadium behandelt?

Wie wird Prostatakrebs im frühen Stadium behandelt?

Autor: Vincent Cochez
Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 8. Juli 2024
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In diesem Artikel erfährst Du:

  • wann Prostatakrebs als früh erkannt gilt
  • für wen eine aktive Überwachung infrage kommt
  • wann eine Operation oder Bestrahlung hilfreich ist
  • wie die Heilungsaussichten sind
  • welche Nebenwirkungen auftreten können

Wenn der Tumor noch nicht die Kapsel durchbrochen hat, die Deine Prostata umschließt, dann ist das eine gute Nachricht. Es gibt nun mehrere Möglichkeiten, den Prostatakrebs langfristig unter Kontrolle zu halten. Es ist vor allem Deine Entscheidung, welche Option für Dich die beste ist.

Was ist ein frühes Stadium bei Prostatakrebs?

Die Prostata ist eine Drüse, die von einer festen Kapsel aus Bindegewebe umschlossen ist. Diese Kapsel ist auch ein Orientierungspunkt, um das Stadium der Erkrankung zu beurteilen. In der frühen Phase bleibt der Krebs auf die Prostata beschränkt – er befindet sich vollständig innerhalb der Kapsel. Dieses Stadium wird als „lokal begrenzt“ bezeichnet.

Dein Behandlungsteam wird zusätzlich abklären, wie schnell der Tumor voraussichtlich wächst. Folgende Untersuchungen geben Anhaltspunkte:

  • Der PSA-Test: PSA ist ein Eiweißmolekül, das nur von der Prostata in das Blut abgegeben wird.
  • Eine weitere Eigenschaft misst der Gleason-Score, den Fachleute durch die mikroskopische Analyse von Gewebeproben bestimmen. Veränderungen im Gewebe der Prostata sagen voraus, ob sich der Tumor aggressiv verhält. Bei einem Gleason-Score von 6 ist das Risiko gering, bei höheren Werten steigt es schrittweise an.

Wie und wann wird früher Prostatakrebs behandelt?

Bei Art und Zeitpunkt der Behandlung hast Du verschiedene Möglichkeiten.

Der Krebs kann:

  • vorerst lediglich überwacht werden. Eine Behandlung fängt erst dann an, wenn der Tumor voranschreitet.
  • sofort behandelt werden. Häufig ist eine OP oder eine Bestrahlung sinnvoll.
  • unbehandelt bleiben. Nur die Beschwerden, die er verursacht, werden gelindert. Das kann in einigen Fällen die beste Strategie sein.

Details zu den 3 Möglichkeiten liest Du im Folgenden.

Beachte: Zahlen und Statistiken zu durchschnittlichen Heilungsaussichten und Prognosen sagen nichts über Deine persönliche Situation. Sie geben Dir nur einen sehr allgemeinen Überblick. Sprich deshalb stets mit Deinem Behandlungsteam über das Stadium Deiner Erkrankung und Deine persönlichen Aussichten. Nur so bekommst Du auf Dich abgestimmte Informationen.

Möglichkeit 1: Aktive Überwachung

Wenn der Tumor voraussichtlich nur sehr langsam wächst und das Risiko gering ist, kann Abwarten die beste Möglichkeit sein. Therapien bieten in diesem Fall aus medizinischer Sicht kaum Vorteile. Sie bringen dann vor allem belastende Nebenwirkungen mit sich.

Die sogenannte aktive Überwachung ist möglich, wenn:

  • der PSA-Wert weniger als 10 ng/ml beträgt
  • der Gleason-Score nicht größer als 6 ist
  • der Tumor noch sehr klein ist und auf weniger als die Hälfte eines Prostatalappens beschränkt ist

Ablauf: Die aktive Überwachung bedeutet für Dich, dass Du regelmäßig zu Untersuchungen erscheinen musst. Anfangs steht alle 3 Monate ein PSA-Test an, etwa alle 12 bis 18 Monate eine erneute Biopsie.

Bleibt der Tumor für zwei bis drei Jahre unauffällig, werden die Abstände zwischen den Untersuchungen größer. Wenn sich der Tumor jedoch schnell ausbreitet oder der PSA-Wert rasch ansteigt, wird Dein Behandlungsteam Dir eine Therapie mit dem Ziel der Heilung vorschlagen.

Risiken: Eine aktive Überwachung bedeutet, dass der Krebs vorerst unbehandelt bleibt. Das kann ein befremdliches Gefühl sein.

Möglichkeit 2: Heilende Therapien – Operation und Bestrahlung

Operation und äußere oder innere Bestrahlung haben sich als Behandlung von Prostatakrebs bewährt. Sie haben das Ziel der Heilung.

Sie sind dann sinnvoll, wenn

  • ein (weiteres) Abwarten den Krebs zu sehr voranschreiten lassen würde
  • Dein körperlicher Allgemeinzustand gut ist
  • Du Dir die Behandlung wünschst

Welche Behandlung die beste für Dich ist, entscheidest Du gemeinsam mit Deinem Behandlungsteam. Es wird Dir Vor- und Nachteile der jeweiligen Therapien genau erklären und Dich beraten, welche Option auch für Deine ganz individuelle Situation am besten passen könnte.

Eine Operation entfernt den gesamten Prostatakrebs

Eine Operation hat das Ziel, das Krebsgewebe vollständig aus dem Körper zu entfernen. Der Fachausdruck für diesen Eingriff lautet radikale Prostatektomie.

Ablauf: Die OP erfolgt unter Narkose und erfordert einige Tage Aufenthalt im Krankenhaus. Je nach Größe und Lage des Tumors hat Dein Behandlungsteam verschiedene Möglichkeiten, die Operation durchzuführen.

Die Aussichten auf Heilung sind nach einer OP sehr gut: Der Krebs wird fast immer für viele Jahre zurückgedrängt, etwa 7 von 10 Behandelten gelten nach der Operation sogar als geheilt.

Risiken: Es handelt sich jedoch um einen schweren Eingriff, der nicht ohne Risiken ist. Langfristig kann es vor allem Nebenwirkungen geben, wie unter anderem Inkontinenz und Impotenz.

Bestrahlung von außen (perkutane Therapie)

Energiereiche Strahlen können Krebszellen schädigen und zum Absterben bringen.

Ablauf: Bei einer perkutanen Therapie befindet sich die Strahlungsquelle außerhalb des Körpers. Sie wird so ausgerichtet, dass gesundes Körpergewebe kaum belastet wird. Die Behandlung wird mehrmals in der Woche wiederholt und zieht sich über einen längeren Zeitraum hin.

Deine Aussichten nach einer Strahlentherapie sind vergleichbar gut wie bei einer Operation: Etwa 7 von 10 Behandelten können vollständig geheilt werden, die meisten anderen überleben mindestens fünf Jahre oder länger. Du musst allerdings mit Nebenwirkungen rechnen.

Risiken: Direkt nach der Bestrahlung können sich Probleme mit Darm und Blase einstellen, zu den langfristigen Folgen zählen vor allem Impotenz, Inkontinenz und chronische Darmentzündungen.

Strahlenbehandlung von innen (Brachytherapie)

Die Brachytherapie beruht ebenfalls auf energiereicher Strahlung.

Ablauf: Die Strahlungsquelle wird direkt in Deine Prostata eingesetzt. Es handelt sich um kleine Kapseln bzw. Stifte, die nur wenige Millimeter tief in das Gewebe strahlen. Dein Behandlungsteam setzt die Kapseln mit dünnen Hohlnadeln zielgenau in den Tumor ein.

Wenn Dein Tumor ein niedriges Risikoprofil aufweist, werden Strahlungsquellen eingesetzt, die über eine längere Zeit kontinuierlich Strahlung abgeben. Die Strahlung lässt nach einigen Wochen vollständig nach. Diese Kapseln verbleiben in Deinem Körper.

Heilungsaussichten: Die Brachytherapie ist bei einem niedrigen Risikoprofil vergleichbar wirksam wie eine perkutane Strahlentherapie oder Operation: Die Chancen auf eine Heilung oder zumindest ein langfristiges Überleben sind sehr gut. Auch die möglichen Nebenwirkungen ähneln sich, wenngleich die Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer Strahlentherapie von außen geringer ist.

Risiken: Du musst mit Darm- und Blasenproblemen rechnen, langfristig können sich Impotenz, Inkontinenz und Darmentzündungen einstellen. Zusätzlich können sich die Harnröhre verengen und Ödeme entstehen.

Bestrahlung von innen bei mittlerem oder hohem Risikoprofil: Kombination mit anderen Methoden

Die Brachytherapie wird in dieser Situation mit der perkutanen Strahlentherapie kombiniert. Meist erfolgt zusätzlich eine Antihormontherapie. Eingesetzt werden stärkere Strahlungsquellen, die eine höhere Einzeldosis abgeben. Aus diesem Grund wird auch von einem sogenannten Boost gesprochen. Die Strahlungsquellen werden danach wieder entfernt.

Heilungsaussichten: Ob eine Brachytherapie mit einer perkutanen Strahlentherapie bei einem mittlerem oder hohem Risikoprofil auch so wirksam ist wie eine perkutane Strahlentherapie alleine oder Operation wird derzeit untersucht. Durch die Kombination einer Bestrahlung von außen und innen steigt die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen (siehe oben).

Antihormontherapie als Begleitung der Strahlentherapie: Ein Entzug von Testosteron kann eingesetzt werden, um den Erfolg einer Bestrahlung zu unterstützen. Er kann sowohl vor als auch während und nach der Bestrahlung angewendet werden. In einigen Fällen kann so die Wirksamkeit der Bestrahlung erhöht werden.

Option 3: Linderung von Beschwerden ohne Heilung

In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, dass nur mögliche Beschwerden behandelt werden. Der Krebs wird dabei selbst gar nicht behandelt. Das Ziel ist dann nicht die Heilung, sondern der Erhalt der Lebensqualität.

Dieser Weg kann für Dich sinnvoll sein, wenn:

  • Deine körperliche Verfassung eine aufwendigere Behandlung nicht ratsam erscheinen lässt
  • Deine voraussichtliche Lebenserwartung aufgrund von Alter oder anderen Erkrankungen so ist, dass Du von einem heilenden Eingriff keine Vorteile hättest

Dabei gibt es zwei Wege:

  • langfristiges Beobachten (auch „Watchful Waiting“ genannt) oder
  • die alleinige Anti-Hormontherapie, die Beschwerden lindern kann

Langfristiges Beobachten

Das sogenannte Watchful Waiting bedeutet, dass der Krebs nicht behandelt wird, wohl aber Beschwerden, falls Du welche hast.

Ablauf: Die Maßnahmen richten sich nach Deinen Beschwerden und Deiner aktuellen Situation.

Risiken: Der Krebs ist und bleibt unbehandelt. Eine Situation, die psychisch belasten kann.

Die Antihormonbehandlung ohne vorherige Therapie als lindernde Maßnahme

Hast Du Beschwerden, aber eine aufwendigere Behandlung hätte für Dich keine Vorteile, kann statt des Watchful Waiting auch die Anti-Hormontherapie für Dich infrage kommen.

Das männliche Sexualhormon Testosteron hat einen Einfluss auf das Wachstum der Prostatazellen: Sie wachsen und vermehren sich schneller, insbesondere Prostatakrebszellen.

Wird Dir als Therapie Testosteron entzogen, kann Dich das zwar nicht heilen, aber den Krebs verlangsamen. Die Therapie wird häufig dann empfohlen, wenn Beschwerden einsetzen.

Wirksamkeit: Eine große Studie zeigte, dass Männer, die keine Beschwerden haben, auch keinen echten Vorteil der Therapie haben, im Vergleich zu jenen Männern, die die Therapie nicht bekommen haben.

Ablauf: die Therapie kann auf drei Arten durchgeführt werden:

  • Medikamente unterdrücken die Produktion von Testosteron
  • Entfernung der Hoden
  • Gabe von Antiandrogenen, bei der die Aufnahme von Testosteron in die Krebszellen unterbunden wird

Die drei Arten haben aufgrund der unterschiedlichen Wirkweisen auch unterschiedliche Nebenwirkungen.

Risiken: Bei Antiandrogenen ist die häufigste Nebenwirkung die Vergrößerung der Brust. Nebenwirkungen, die die beiden anderen Methoden mit sich bringen, kommen hier häufig nicht vor. Das wären unter anderem:

  • Antriebsschwäche
  • Hitzewallungen
  • Osteoporose
  • Verlust des sexuellen Interesses und der Potenz
  • Muskelabbau
  • Zunahme des Körperfetts
  • Blutarmut

Was kannst Du selbst tun?

Führe ein gesundes Leben

Wenn sich Dein Körper in einer guten Verfassung befindet, wird er auch die Folgen der Erkrankung und der Therapie besser überstehen. Achte auf einen gesunden Lebensstil:

  • strebe ein gesundes Gewicht an
  • sei körperlich aktiv
  • ernähre Dich ausgewogen mit ausreichend Obst und Gemüse
  • vermeide Alkohol und Tabak

Suche Beistand

Krebs belastet nicht nur Deinen Körper, sondern kann auch Deine Psyche belasten. Du leidest vielleicht unter Ängsten, Zweifeln, Hoffnungslosigkeit oder depressiven Verstimmungen. Es kann Dir dann helfen, wenn Du Hilfe bei einem Psychoonkologen suchst. Das sind Fachleute, die Deine Probleme verstehen und Lösungen vorschlagen. Sie helfen Dir, Deinen Alltag zu meistern, auf Angehörige und Freunde zuzugehen oder wieder in Deinen Beruf einzusteigen.

Eine gute Übersicht zu mentalen Hilfen findest Du auch bei der Prostata Hilfe Deutschland:
https://www.prostata-hilfe-deutschland.de

Zusammengefasst

Bei kleinen Prostatatumoren mit niedrigem Risikoprofil kann eine aktive Überwachung eine Option sein, bei der das Wachstum regelmäßig überprüft wird. Eine Operation kann das Krebsgewebe vollständig entfernen und bietet meist gute Aussichten auf Heilung. Vergleichbar erfolgreich sind Strahlentherapien, die von außen oder innen erfolgen können.

Das kannst Du tun

  • Informiere Dich über die Vor- und Nachteile der Therapieoptionen.
  • Sprich mit Deinem Behandlungsteam und lass Dich bei der Entscheidung für oder gegen eine Therapie ausführlich beraten.
  • Scheue Dich nicht, psychoonkologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Kontakte gibt es in Krankenhäusern oder Du kannst Dich direkt an Psychoonkologen wenden. Auch Selbsthilfegruppen bieten häufig große Entlastung. Zudem kannst Du Dir die Themenreisen in Mika ansehen. Dort findest Du Inhalte zu Achtsamkeit, Bewegung und Ernährung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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