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Alles nur noch grau? Der Weg aus der Traurigkeit

Alles nur noch grau? Der Weg aus der Traurigkeit

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Autor: Mika Redaktion
Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 2. November 2022
Lesedauer ca.

In diesem Artikel erfährst Du: 

  • was Du tun solltest, wenn Dich negative Gefühle belasten
  • was die Hintergründe zur depressiven Verstimmung bei Krebs sind
  • wie depressive Verstimmungen und Depressionen behandelt werden.

Während einer Krebserkrankung kann es einige Momente geben, die Dich traurig, sorgenvoll oder sogar hoffnungslos machen können. Wie sehr Dich die Gesamtsituation belastet, wird von unterschiedlichen Dingen beeinflusst. In manchen Fällen kannst Du Dich über längere Zeit sehr niedergeschlagen und freudlos fühlen.

Wichtig: Nutze Hilfsangebote

Solltest Du merken, dass negative Gefühle übermächtig werden oder anhalten, dann solltest Du dies unbedingt mit Deinem Behandlungsteam besprechen. Dann kann abgeklärt werden, ob eine Depression oder eine depressive Verstimmung vorliegt oder ob es sich um eine vorübergehende negative Stimmung handelt.

Eine länger anhaltende depressive Verstimmung ist ernstzunehmen und häufig kannst Du sie nicht so leicht aus eigener Kraft hinter Dir lassen. Bei Krebs kommt so eine große Niedergeschlagenheit häufig vor. Du musst Dich nicht schämen oder versuchen, das alleine auszuhalten. Denn es gibt viele Hilfsmöglichkeiten.

Es ist sogar wichtig, dass Du Hilfe annimmst.

Je länger so ein negativer Gefühlszustand anhält, desto schwieriger ist es, ihn wieder loszuwerden. Bitte suche in jedem Fall Deine Arztpraxis auf, wenn negative Emotionen Dich belasten. 

Du kannst Dich sowohl an Deine Hausarzt-, Facharzt-, Psychoonkologie- als auch Psychotherapie-Praxis wenden.

Gibt es keine passende Unterstützung oder weißt Du nicht, wohin Du Dich wenden sollst, bekommst Du auch beim Krebsinformationsdienst Hilfe.

Du brauchst jetzt SCHNELL Hilfe?

Schnelle Hilfe in Krisensituationen erhältst Du z. B.

  • bei der Telefonseelsorge unter der Nummer 0800 111 0 111 (Internet: www.telefonseelsorge.de) oder
  • bei der Nummer gegen Kummer 116 111.

Solltest Du einen Lebensüberdruss verspüren und drängende Selbstmordgedanken oder Selbstmordabsichten haben, wende Dich bitte umgehend an den Notruf (112).

Hintergrund: Medizinische Begriffe rund um die anhaltende Traurigkeit

„Traurige und ängstliche Episoden“, „Depression“, „depressive Verstimmung“: Aus medizinischer Sicht gibt es viele Kategorien, in die solche mentalen Belastungen eingeteilt werden können. Bei Menschen mit einer Krebserkrankung ist eine trennscharfe Einteilung nicht immer ganz einfach.

Eine depressive Verstimmung kann über einen längeren Zeitraum anhalten und ist vorrangig ausgelöst durch die Last der Erkrankung. Solche Verstimmungen sind nicht so schwerwiegend, sodass der Alltag noch wie gewohnt bewältigt werden kann. Da sie dennoch belastend sind und sich im ungünstigsten Fall zu einer schweren Depression entwickeln können, sollten sie mit dem Behandlungsteam besprochen werden.

Bei Krebs kommt eine depressive Verstimmung in der Regel häufiger als eine ausgeprägte Depression vor.

Egal, ob depressive Verstimmung oder Depression: Die Diagnose und die Behandlung können sich ähneln. Dein Behandlungsteam wird die für Dich passenden Tipps und Therapien vorschlagen.

Mit diesen Fragen wird eine Depression abgeklärt

Im Folgenden siehst Du, mit welchen Fragen eine Depression abgeklärt werden kann. Alle Fragen beziehen sich auf den Zeitraum der vergangenen (mindestens) zwei Wochen:

  • Ist Deine Stimmung gedrückt?
  • Hast Du das Interesse/die Freude an Dingen verloren, die Dich sonst interessiert haben?
  • Fühlst Du eine bleierne Schwere und Müdigkeit oder aber eine innere Unruhe?
  • Fehlt es Dir an Selbstvertrauen oder Selbstwertgefühl?
  • Fällt es Dir schwer, Dich zu konzentrieren?
  • Grübelst Du häufig?
  • Bist Du unsicher, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen?
  • Hast Du mit starken Schuldgefühlen oder vermehrter Selbstkritik zu kämpfen?
  • Ist das Gefühl von Hoffnungslosigkeit und negativen Zukunftsperspektiven bei Dir sehr stark ausgeprägt?
  • Leidest Du unter ausgeprägten Schlafstörungen?
  • Leidest Du unter einem verminderten Appetit?
  • Kennst Du tiefe Verzweiflung oder sogar Todesgedanken?

Je mehr Fragen Du mit „Ja“ beantwortest, desto wahrscheinlicher ist es, dass Du eine Depression oder anhaltende depressive Verstimmung hast.

Beachte: 

  • Dieser Fragebogen kann keine Diagnose durch Dein Behandlungsteam ersetzen.
  • Wenn Du starke Ängste und Sorgen haben solltest, ohne dass bei Dir eine Depression oder depressive Verstimmung vorliegt, dann nimm auch diese Situation ernst. Es gibt zahlreiche Angebote, die Dir während Deiner Behandlung und auch in der Phase nach der Behandlung helfen können.

Das Ziel: die positiven Seiten in Deinem Leben wahrzunehmen und diese zu genießen. Dabei geht es auch um Kleinigkeiten, wie einen Spaziergang in der Sonne, einen Besuch von Freunden oder ein leckeres Essen.

Das passiert bei einer Depression im Gehirn

Depressionen und depressive Verstimmungen haben etwas mit einem chemischen Ungleichgewicht im Gehirn zu tun. Meist sinkt der Spiegel bestimmter chemischer Stoffe im Gehirn. Diese Stoffe heißen Neurotransmitter. Neurotransmitter übermitteln Botschaften vom Gehirn an die Nervenzellen. So entstehen auch Gefühle. Die häufigsten Neurotransmitter, die bei Depressionen eine Rolle spielen, sind Serotonin, Norepinephrin und Dopamin.

Ein chemisches Ungleichgewicht kann durch ein körperliches oder psychologisches bzw. emotionales Ereignis in Deinem Leben ausgelöst werden. Bei einer Krebserkrankung spielen beide Arten von Ereignissen eine Rolle.

Wie wahrscheinlich es ist, dass Du eine Depression oder depressive Verstimmung bekommst, hängt u.a. ab von:

  • der Schwere Deiner Erkrankung
  • Deiner Lebenssituation
  • eventuellen früheren psychischen Belastungen oder Erkrankungen
  • familiärer Vorbelastung

Wie kann eine depressive Verstimmung oder Depression behandelt werden?

Dein Behandlungsteam wird Dir wahrscheinlich eine Psychotherapie empfehlen. Eine solche Therapie hat mehrere Ziele:

  • Du erlernst Strategien, die Dir beim Umgang mit Deinen negativen Gefühlen helfen.
  • Die Therapie trägt dazu bei, dass Dein Selbstvertrauen wächst.
  • Du lernst, Deine Krankheit als das anzunehmen, was sie ist: ein schicksalhaftes Ereignis. Du hast keine Schuld daran, dass Du erkrankt bist. Gleichzeitig hast Du das Wissen und die Kraft, selbst über Deine Behandlung zu entscheiden.

Es kann auch sein, dass Du Medikamente erhältst. Dabei handelt es sich um sogenannte Antidepressiva, die die negativen Gefühle dämpfen. Die Medikamente ändern nichts an der Tatsache, dass Du gerade eine große Herausforderung in Deinem Leben meistern musst. Aber sie erleichtern es Dir, mit den Gefühlen umzugehen, die auftauchen.

Es gibt auch Dinge, die Du selbst im Alltag tun kannst. Dazu zählen Entspannungsübungen, kreative Tätigkeiten, Bewegung und ein gesunder Lebensstil. Tipps dafür bekommst Du ebenfalls von Deinem Behandlungsteam, in der Psychotherapie und Du kannst Dich auch selbst dazu einlesen oder Dinge für Dich ausprobieren.

Zum Beispiel kannst Du Dir die Mika-Themenreisen „Stress mindern“, „Kontrolle gewinnen“ und „Gefühle steuern“ ansehen oder Entspannungs- und Bewegungsübungen in der Mika-App ausprobieren.

Zusammengefasst

Länger anhaltende, negative Gefühle können Dich sehr belasten. Dein Behandlungsteam schlägt Dir geeignete Therapien vor. Wichtig ist, dass Du nicht versuchst, belastende Gefühle einfach auszuhalten, sondern darüber sprichst.

Das kannst Du tun

  • Sprich zeitnah und vertrauensvoll mit Deinem Behandlungsteam über Deine Gefühle.
  • Hilfe bei der Suche nach Angeboten bekommst Du auch beim Krebsinformationsdienst
  • Zögere nicht, die Hilfe anzunehmen. Je früher Du Hilfe bekommst, desto schneller kannst Du einen guten Umgang mit negativen Gefühlen finden.
  • Vielleicht hilft es Dir auch, Dich über die mentalen Mechanismen zu informieren, die bei einer Krebserkrankung ablaufen. Häufig fühlst Du Dich schon besser, wenn Du weißt, was genau in Dir vorgeht und dass Du mit diesen Gefühlen auf die Erkrankung reagierst. Zum Beispiel beim Krebsinformationsdienst kannst Du Dich einlesen. Auch Erfahrungsberichte und das Sprechen mit Gleichgesinnten in einer Selbsthilfegruppe können Dir guttun.
  • Suche nach Dingen, die Dir guttun.
    • Probiere wohltuende Bewegungsübungen oder Sportarten aus.
    • Iss, was Dir schmeckt und guttut.
    • Übe Dich in kreativen Tätigkeiten.

Quellen

  • Onko Internetportal (2015) Angst und Depression bei Krebs. Stand: 06.01.2015. Abgerufen am 28.10.2022 von www.krebsgesellschaft.de
  • Cancer Research UK (2019). Depression. Stand: 06.09.2019. Abgerufen am 28.10.2022 von www.cancerresearchuk.org
  • National Cancer Institute (2021). Feelings and Cancer, Stand: 23.11.2021. Abgerufen am 28.10.2022 von www.cancer.gov
  • Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression – Langfassung, Version 3.0. 2022 [abgerufen am 28.10.2022]. DOI: 10.6101/AZQ/000493. www.leitlinien.de, www.awmf.org.
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Geschrieben von Mika Redaktion
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Das Redaktionsteam von Mika arbeitet mit medizinischen Fachleuten, ausgebildeten Journalisten, Fachexperten und Psychoonkologen zusammen.
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