Fachliche Prüfung: Jutta Reibl
Veröffentlicht am 2. Mai 2023
Nach dem Lesen des Artikels weißt Du:
- welche Möglichkeiten Du nach der Reha hast
- welche Beratungsangebote Dir zur Verfügung stehen
- wie Du eine Erwerbsminderungsrente beantragen kannst
Deine Erkrankung hat Dich, wie viele andere Erkrankte auch, aus dem Arbeitsleben gerissen. Noch während Du Deine Therapien bekommst, fragst Du Dich, wie es danach weitergehen soll. Zu Beginn Deiner Krankheit hast Du von Deinem Arbeitgeber sechs Wochen Lohnfortzahlung erhalten. Anschließend folgen 78 Wochen (72 Wochen abzüglich Lohnfortzahlung) Krankengeld. Wichtig dabei ist:
- Die Krankenkasse kann den Medizinischen Dienst beauftragen zu prüfen, wie lange Du noch krank sein wirst.
- Die Krankenkasse kann Dir eine Aufforderung zur Beantragung von Maßnahmen zur Rehabilitation (Grundsatz „Reha vor Rente“) schicken.
- Dein Anspruch auf Krankengeld verfällt, wenn Du der Aufforderung nicht nachkommst und Du den Antrag auf Reha nicht fristgerecht, innerhalb von 10 Wochen, stellst.
- Du solltest Dich lückenlos krankschreiben lassen. Diese Bescheinigungen musst Du an die Krankenkasse weiterleiten bzw. Deine Arbeitsunfähigkeit muss digital von Deinem Behandlungsteam an die Krankenkasse übermittelt werden. Die lückenlose Krankschreibung ist Voraussetzung dafür, dass Du Krankengeld erhältst.
- Krankengeld wird u.a. nicht gezahlt, wenn eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird.
Möglichkeiten nach der Reha
- Du kannst wieder voll ins Berufsleben einsteigen.
- Hamburger Modell: Du kannst mit Deinem Arbeitgeber eine stufenweise Wiedereingliederung vereinbaren. Anhand eines Stufenplans wird die Arbeitszeit regelmäßig erhöht, bis wieder die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit geleistet wird. Während dieser Zeit bist Du weiterhin krankgeschrieben.
- Rentenantrag: Ist es Dir nicht mehr möglich, zu arbeiten, kannst Du einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen.
Beratungsangebote in der Reha
Idealerweise berät Dich der Sozialdienst noch in der Reha über Deine nächsten Schritte. Es kann dennoch passieren, dass Du trotz der Beratung nicht weißt, wie es für Dich weitergeht. Die vielen Informationen können sehr verwirrend sein und die Verarbeitung der Krankheit steht für viele Krebskranke an erster Stelle.
Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente
- Du hast die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht.
- Du warst die letzten fünf Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert.
- Du hast in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Rentenbeiträge eingezahlt (unter anderem zählen auch Zeiten der Kindererziehung als Beitragszeiten).
Volle und teilweise Erwerbsminderungsrente
Es gibt zwei Modelle, die volle Erwerbsminderungsrente und die teilweise Erwerbsminderungsrente:
- Volle Erwerbsminderungsrente: Du kannst weniger als 3 Stunden täglich arbeiten.
- Teilweise Erwerbsminderungsrente: Du kannst 3 bis 6 Stunden täglich arbeiten.
Die Bewilligung der Erwerbsminderungsrente kann befristet werden, für 2 Jahre, in manchen Fällen für 3 Jahre. Etwa 6 Monate vor Ablauf der Befristung musst Du einen erneuten Antrag stellen, wenn die Erwerbsminderungsrente weiterhin bezogen werden soll.
Wie hoch ist Erwerbsminderungsrente?
Die Erwerbsminderungsrente kann finanzielle Einbußen für Dich bedeuten. Das Entgelt richtet sich danach, wie lange Du insgesamt in die Rentenversicherung eingezahlt hast. Die Höhe kannst Du dem Schreiben entnehmen, das Du jährlich von der Rentenversicherung erhältst. Oft bleibt am Ende nur ein Drittel des ursprünglichen Nettoeinkommens übrig. Meistens reicht das nicht aus, um sich selbst und zum Beispiel die Familie zu versorgen. Dann stellt sich die Frage, ob und wie viel Du dazuverdienen darfst.
Wenn die Erwerbsminderungsrente nicht reicht
- Ab dem 1. Januar 2023 dürfen Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, mehr Geld hinzuverdienen als zuvor. Die Obergrenze richtet nach einem bestimmten Rechenverfahren, das jedes Jahr angepasst wird.
- Im Jahr 2023 beträgt die Obergrenze für die jährliche Hinzuverdienstgrenze 17.823,75 Euro für die volle Erwerbsminderungsrente. Wenn Du eine teilweise Erwerbsminderungsrente beziehst, darfst Du mehr Geld hinzuverdienen. In diesem Fall beträgt die Obergrenze für die jährliche Hinzuverdienstgrenze 35.647,50 Euro. Es gibt jedoch auch eine individuelle Obergrenze, die sich am höchsten Verdienst der letzten 15 Jahre vor dem Eintritt der Erwerbsminderung orientiert.
- Beachte: Wenn Du mehr arbeitest als erlaubt, besteht die Gefahr, den Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente zu verlieren. Für eine volle Erwerbsminderungsrente darfst Du nicht mehr als drei Stunden pro Tag arbeiten, während bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente die Arbeitszeit auf höchstens sechs Stunden pro Tag begrenzt ist.
Reicht Deine Erwerbsminderungsrente nicht und kannst Du nicht mehr arbeiten gehen und hinzuverdienen, kannst Du Grundsicherung im Alter beantragen.
Antrag abgelehnt?
Leider wird durchschnittlich jeder zweite Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt. Grundsätzlich ist für die Bewilligung der Erwerbsminderungsrente nicht die Schwere Deiner Erkrankung maßgeblich, sondern wie arbeitsfähig Du noch bist. Der Sachverständige prüft also, wie sehr sich die Krankheit auf Dein individuelles Leben auswirkt.
Wird Dein Antrag abgelehnt, kannst Du innerhalb von einem Monat Widerspruch einlegen. Das solltest Du am besten schriftlich machen und den Widerspruch begründen. Wichtig dabei ist, dass Du hervorhebst, wie stark Deine Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Gegebenenfalls kann Dein behandelndes ärztliches Personal unterstützen und eine medizinische Stellungnahme schreiben, die Du Deinem Widerspruch beifügst.
Wenn auch Dein Widerspruch zu keiner anderen Entscheidung führt, kannst Du gegen die Ablehnung beim Sozialgericht klagen.
Beratungsstellen
All diese Informationen sind nicht leicht zu verstehen. Vielleicht ist außerdem die Vorstellung „eine Rente“ zu erhalten und aus dem aktiven Arbeitsleben auszuscheiden, etwas sehr Befremdliches für Dich – das wäre absolut verständlich. Die Erwerbsminderungsrente soll Dir eine „Auszeit“ zur Gesundung ermöglichen. Solltest Du eine Beratung zur Rente benötigen, kannst Du Dich an verschiedene Stellen wenden:
- Landeskrebsgesellschaft
- Sozialdienst in Deinem Krankenhaus
- Rentenversicherung
- Sozialverband Deutschland
- Sozialverband VDK
- Ortsnahe private Beratungsstellen der Rentenkasse
Beratungsstellen für finanzielle Nöte
Im Falle einer finanziellen Notlage kannst Du Dich an den Härtefonds der Deutschen Krebshilfe für einen einmaligen Zuschuss wenden. Darüber hinaus gibt es weitere Beratungsangebote:
- Rehabilitationsfachberater
- Sozialdienste der Kliniken
- Infonetz Krebs
- Schuldnerberatung
Tut Dir die Rente gut?
Das (vorübergehende) Leben mit einer Erwerbsminderungsrente bedeutet eine Veränderung, an die Du Dich vielleicht erstmal gewöhnen musst. Aber Du darfst auch in der Rente alles tun, was Dir guttut. Selbsthilfegruppen besuchen, ein Hobby oder Sport ausüben, jobben, neue Kontakte knüpfen, kreativ sein. Das kann eine Chance sein, Deinem Leben neue Impulse zu geben.
Was noch zu beachten ist
Kläre mit Deinem Arbeitgeber oder dem Betriebsrat, ob Dein Arbeitsplatz gesichert ist, falls Deine Erwerbsminderungsrente befristet ist. Wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag nichts benannt ist, dann endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch bei Beginn oder Bewilligung einer vollen Erwerbsminderungsrente. Wenn Deine bewilligte Rentenzeit abgelaufen ist, könnte es sein, dass Du wieder arbeitsfähig bist. Du kannst mit Deinem Arbeitgeber besprechen, welche Möglichkeiten für die Zeit danach bestehen.
Zusammengefasst
Generell hast Du die Möglichkeit, Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Bei Fragen zur Rente bieten Dir verschiedene Stellen Beratungen an. Zögere nicht, Kontakt mit ihnen aufzunehmen.
Das kannst Du tun
- Reha-Antrag stellen: Hier kannst Du online einen Antrag für Maßnahmen zur Rehabilitation bei der Deutschen Rentenversicherung stellen. Am besten, Du klärst vorab, ob sie der richtige Kostenträger für Deine Reha ist. Umfassende Informationen zur Rehabilitation nach Krebs findest Du hier.
- Zurück in den Beruf mit dem Hamburger Modell: Wie genau die stufenweise Wiedereingliederung ins Arbeitsleben mit dem Hamburger Modell ablaufen kann, erfährst Du hier.
- Erwerbsminderungsrente beantragen: Du kannst die Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung aufsuchen und die Erwerbsminderungsrente vor Ort beantragen. Hier findest Du eine Beratungsstelle in Deiner Nähe. Du kannst Deinen Antrag aber auch online stellen.
- Schwerbehindertenausweis beantragen: Diese Schritt-für-Schritt-Anleitung hilft Dir bei der Antragstellung. Als Mensch mit anerkannter Schwerbehinderung kannst Du Unterstützung des zuständigen Integrationsamts in Anspruch nehmen.
- Härtefonds der Deutschen Krebshilfe: Krebserkrankte in finanzieller Not können beim Härtefonds der Deutschen Krebshilfe kurzfristig Hilfe beantragen.
Quellen
- Deutsche Rentenversicherung (2023). Hinzuverdienstgrenze steigt deutlich. (Stand: 13.02.2023) Abgerufen am: 24.03.2023 von www.deutsche-rentenversicherung.de
- Onko-Internetportal der DKG (2022). Krebs und finanzielle Not (Stand: 13.01.2022) abgerufen am 24.03.2023 von www.krebsgesellschaft.de