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Achtung bei Fieber während der Chemotherapie

Achtung bei Fieber während der Chemotherapie

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Autor: Mika Redaktion
Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 5. Januar 2023
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In diesem Artikel erfährst Du: 

  • welche Ursache Fieber bei „Chemo“ haben kann und wieso Du es sehr ernst nehmen solltest
  • was die sogenannte febrile Neutropenie ist

Wenn Du eine Chemotherapie erhältst, kann es sein, dass sie auch Deine Blutbildung beeinflusst. Je nach Medikament können die Funktion und Bildung von Blutzellen gestört werden.

Zum Beispiel kann sich die Zahl der sogenannten neutrophilen Granulozyten in Deinem Blut verringern. Das ist die häufigste Art Deiner weißen Blutkörperchen. Ist ihre Zahl verringert, sprechen Fachleute auch von Neutropenie.

Die Neutropenie ist eine häufige Nebenwirkung bei einer Chemotherapie. Du fühlst Dich dann möglicherweise schlapp und hast Beschwerden beim Schlucken oder mit Deiner Mundschleimhaut.

Fieber als Warnsignal

Eine Neutropenie ist nicht automatisch gefährlich. Die Blutzellen werden normalerweise rasch wieder gebildet. Gefährlich kann es aber werden, wenn Du zusätzlich Fieber entwickelst. Dies kann dann ein Anzeichen für eine Infektion sein.

Fachleute sprechen von einer febrilen Neutropenie, wenn eine Neutropenie zusammen mit einer fieberhaften Infektion vorliegt.

Was solltest Du tun?

Melde Dich bei Fieber umgehend bei Deiner Ärztin oder Deinem Arzt. Sie oder er wird dann:

  • zügig die Ursache für das Fieber abklären
  • herausfinden, ob bei Dir eine febrile Neutropenie vorliegt und
  • eine entsprechende Behandlung einleiten.

Was machen die neutrophilen Granulozyten genau?

Neutrophile Granulozyten sind Zellen der angeborenen Immunabwehr und gehören zu den weißen Blutkörperchen. Sie sind Teil Deines Bluts.

Sobald Erreger oder andere Fremdkörper in Deinen Körper gelangen, werden die neutrophilen Granulozyten an den Ort der Eindringlinge gelockt und treten in das Gewebe über. Dort unterstützen sie die Beseitigung der Erreger durch die Ausschüttung von Abwehrstoffen oder sie verwandeln sich in Fresszellen (Phagozyten), die die Erreger aufnehmen und zerstören.

Das passiert, wenn zu wenig neutrophilen Granulozyten im Blut sind

Sinkt die Zahl der neutrophilen Granulozyten unter einen kritischen Wert (500 Zellen/µl), kann die febrile Neutropenie entstehen: Durch die geschwächte Immunabwehr können lebensgefährliche Infektionen auftreten. Dein Körper ist dann Krankheitserregern fast wehrlos ausgesetzt und reagiert mit Fieber.

Deine Temperatur wird dann einmalig auf über 38,3 °C ansteigen bzw. eine Stunde lang mindestens 38,0 °C betragen. Das Fieber ist dann in fast allen Fällen auf eine Infektion zurückzuführen, auch wenn Dein Behandlungsteam nicht immer einen Keim findet.

Wie wird die febrile Neutropenie festgestellt?

Dein Behandlungsteam nimmt Dir zunächst Blut ab und untersucht es. Neben diesem Blutbild können zur Identifizierung von Keimen auch Urin- und Stuhlkulturen oder Rückenmarksflüssigkeit untersucht werden. Vielleicht werden auch bildgebende Verfahren eingesetzt, um einen Entzündungsherd sichtbar zu machen.

Wie wird febrile Neutropenie behandelt?

Die Behandlung hängt vom Schweregrad der Situation ab. Meist wird Dir Dein Behandlungsteam Antibiotika vorschlagen. Das wirkt gegen bakterielle Infektionen und Dein Fieber sinkt.

Im Falle einer schweren febrilen Neutropenie wirst Du im Krankenhaus behandelt und es wird immer versucht, durch einen mikrobiologischen Befund den Erreger genau zu identifizieren. Danach kann die Therapie bei Bedarf gezielt umgestellt werden. Grund dafür ist, dass die febrile Neutropenie auch durch einen Befall von Pilzen und seltenen bzw. resistenten Bakterien ausgelöst werden kann.

Wenn nach 72 Stunden das Fieber immer noch nicht vollständig verschwunden ist und kein Erreger gefunden werden konnte, werden Dir vorsorglich noch Medikamente gegen eine Pilzinfektion (Antimykotika) empfohlen.

Geht die Chemotherapie trotzdem weiter?

Tritt eine febrile Neutropenie auf, kann es nötig werden, dass die Dosis oder der Zeitpunkt der Chemotherapie angepasst wird.

Gegen febrile Neutropenie vorbeugen

Bekommst Du eine sehr wirkungsstarke Chemotherapie, kann es sein, dass Dein Behandlungsteam schon vorbeugt. Es wird Dir dann einen sogenannten Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (G-CSF) empfehlen. Das ist ein Hormon, das die Bildung von Granulozyten anregt.

Voraussetzung dafür ist, dass das Neutropenie-Risiko für Deine Art der Therapie bekannt ist. Besonders risikoreich sind z.B. kombinierte Therapien und knochenmarks- oder schleimhautangreifende Substanzen, wie sie häufig bei Menschen mit Brust-, Eierstock- oder Lungenkrebs oder Lymphom eingesetzt werden.

Dein Risiko ist zudem erhöht, wenn folgende Punkte auf Dich zutreffen:

  • Krebs im Knochenmark
  • Alter über 65 Jahre
  • schlechter Ernährungs- und körperlicher Allgemeinzustand
  • eingeschränkte Immunabwehr

Liegt bei Dir ein erhöhtes Risiko vor, ist für Dich wahrscheinlich eine vorbeugende Behandlung mit G-CSF sinnvoll. Dein Behandlungsteam wird Dich dazu aufklären.

Zusammengefasst

Eine häufige Nebenwirkung von Chemotherapien ist, dass sich die Zahl der weißen Blutkörperchen verringert. Dein Immunsystem arbeitet dann weniger gut. Solltest Du ein Fieber entwickeln, kann es sein, dass Du eine febrile Neutropenie hast. Sie ist bedrohlich und wird deswegen umgehend behandelt. Wichtig ist, dass Du schnell Deinem Behandlungsteam Bescheid sagst.

Das kannst Du tun

  • Nimm alle Kontrolltermine gewissenhaft wahr.
  • Sage sofort Deinem Behandlungsteam Bescheid, wenn Du bei Dir Nebenwirkungen feststellst, besonders bei Fieber.
  • Messe Deine Temperatur, wenn Du ein Fieber bei Dir vermutest. Wenn es Dir gut geht, ist es normalerweise aber nicht nötig, dass Du regelmäßig selbst Fieber misst.

Quellen

  • Zeidler C., Töpfner N. (2020) Neutrophile Granulozyten – Neutrophilien, Neutropenien und Neutrophilenfunktionstörungen. In: Hoffmann G.F., Lentze M.J., Spranger J., Zepp F., Berner R. (eds) Pädiatrie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. doi.org
  • Rindler-Ludwig R., Braunsteiner H. (1978) Zur Entwicklung und Funktion der neutrophilen Granulozyten. In: Löhr GW. et al. (eds) Probleme der Erythrozytopoese, Granulozytopoese und des Malignen Melanoms. Hämatologie und Bluttransfusion, vol 21. Springer, Berlin, Heidelberg. doi.org
  • Jablonska, J., Rist, M., Lang, S. et al. Neutrophile Granulozyten im Tumormikromilieu – Feind oder Freund?. HNO 68, 891–898 (2020). doi.org
  • Pharmazeutische-zeitung.de (2010). Febrile Neutropenie. Gefürchtete Nebenwirkung vieler Zytostatika. Stand: 12.01.2010. Abgerufen am 17.08.2022 von www.pharmazeutische-zeitung.de
  • Krebsinformationsdienst.de (2021). Häufige Entzündungen und Infektionen bei Krebs. Ursachen, Behandlung und Vorbeugung. (Stand: 01.03.2021). Abgerufen am 17.08.2022 von www.krebsinformationsdienst.de
  • (2007) Febrile Neutropenie. In: Systemische Malignomtherapie in der Gynäkologische Onkologie. Springer, Vienna. doi.org
  • Berndt, C. Chronisches Risiko für eine febrile Neutropenie. Im Focus Onkologie 18, 50 (2015). doi.org
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Geschrieben von Mika Redaktion
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Das Redaktionsteam von Mika arbeitet mit medizinischen Fachleuten, ausgebildeten Journalisten, Fachexperten und Psychoonkologen zusammen.
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