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Krebsmedikamente zu Hause einnehmen: Darauf musst Du achten

Krebsmedikamente zu Hause einnehmen: Darauf musst Du achten

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Autor: Dr. Volker Henn
Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 17. Mai 2023
Lesedauer ca.

In diesem Artikel erfährst Du:

  • wie Du selbst dazu beitragen kannst, dass die Therapie bestmöglich wirkt
  • wie Du die Tabletten richtig einnimmst
  • auf welche möglichen Wechselwirkungen Du achten solltest
  • wie Du mit möglichen Nebenwirkungen umgehen kannst
  • warum eine gute Absprache mit Deinem Behandlungsteam so wichtig ist

Dein Behandlungsteam hat Dir Tabletten mit nach Hause gegeben? Das ist bei vielen Chemo-, Hormon- und zielgerichteten Therapien problemlos möglich.

Für Dich hat das große Vorteile: Du bist unabhängiger und kannst Deinen Alltag selbständig gestalten. Du verbringst mehr Zeit zu Hause, mit Deiner Familie und Deinen Freunden. Doch es ist auch eine Verpflichtung: Du bist nun für einen wichtigen Teil Deiner Therapie selbst verantwortlich.

Und / oder Du nimmst lindernde oder unterstützende Medikamente. Das sind beispielsweise Schmerzmedikamente oder Mittel gegen Übelkeit. In beiden Fällen ist eine gewissenhafte Einnahme wichtig.

Wieso ist die zuverlässige Einnahme so wichtig?

Bei einer Krebstherapie ist es sehr wichtig, dass Du die Medikamente genau nach Plan einnimmst. Du solltest also die Tabletten immer zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge einnehmen. Sonst kann es sein, dass die Wirkung der Krebstherapie darunter leidet. Oder die Nebenwirkungen fallen dann stärker aus.

Auch die unterstützenden Medikamente solltest Du gewissenhaft einhalten: Dies kann Deine Lebensqualität deutlich verbessern.

Wenn Du die Tabletten zu Hause einnimmst, übernimmst Du auch einen Teil der Verantwortung für den Therapieerfolg. Aber Du musst Dich deshalb nicht unter Druck setzen: Dein Behandlungsteam wird Dich umfassend informieren und Dir klare Handlungsanweisungen geben. Bei Problemen oder Unklarheiten kannst Du auch jederzeit nachfragen.

Was hilft Dir bei der zuverlässigen Einnahme?

Motivation durch Information.

Es kostet Dich wahrscheinlich etwas Mühe, Deine Tabletten immer regelmäßig einzunehmen. Du bist vielleicht dazu besser motiviert, wenn Du das Ziel der Therapie genau verstehst. Deshalb solltest Du Dich mit allen Details Deiner Behandlung auseinandersetzen.

  • Lass Dir von Deinem Team genau erklären, wie das Medikament wirkt und was das Ziel der Behandlung ist.
  • Oft kann Dir auch Dein Pflegepersonal oder die Apothekerin oder der Apotheker weitere Informationen geben.
  • Lies den Beipackzettel genau durch.
  • Frage sofort nach, wenn Du etwas nicht verstehst.
  • Notiere alle Fragen, die Dir zu Hause einfallen.
  • Mache Dir bewusst, welche Vorteile die Therapie hat.
  • Informiere Dich über mögliche Folgen, wenn Du die Tabletten nicht nach Plan einnimmst.

Korrekte Einnahme

Tabletten gelangen zuerst in den Magen und von dort in Deinen Körper. Daher spielt es für die Wirkung der Medikamente eine große Rolle, was sich sonst noch im Magen befindet.

Manche Medikamente vertragen sich nicht mit Speisen und Getränken. Andere wirken besser, wenn sie zusammen mit dem Essen eingenommen werden und dann länger im Magen bleiben. Auch die Stärke der Nebenwirkungen kann davon abhängen.

Achte daher auf die Hinweise zur Essensaufnahme, die für viele Medikamente gelten. Dabei bedeutet:

  • nüchtern: 8 Stunden vorher nichts essen oder trinken
  • vor dem Essen: mindestens 30 Minuten vor der Mahlzeit einnehmen
  • zum Essen: während oder unmittelbar nach der Mahlzeit einnehmen
  • nach dem Essen: bedeutet meist, dass Du nach der Mahlzeit 30 bis 60 Minuten warten sollst

Nimm die Medikamente am besten mit Leitungswasser ein. Mineralwasser, Milch, Säfte und koffeinhaltige Getränke können die Aufnahme verhindern oder unerwünschte Wirkungen haben.

Bei Schluckbeschwerden kann es helfen, die Tabletten zu zerkleinern oder in Wasser aufzulösen. Das ist aber nicht bei allen Medikamenten möglich: Viele Kapseln und manche Tabletten haben eine geschützte Oberfläche, die den Inhalt vor dem Magensaft schützen soll. Kläre diese Frage also unbedingt vorher mit Deinem Team ab.

Wechselwirkungen kennen

Andere Medikamente und Lebensmittel können die Wirkung der Krebstherapie abschwächen. Sie können auch die Nebenwirkungen verstärken. Informiere deshalb Dein Behandlungsteam über alle Medikamente, die Du regelmäßig oder auch nur gelegentlich einnimmst. Sprich auch mit Deinem Team, wenn Du ein neues Medikament bekommst. Das gilt auch für frei verkäufliche Mittel aus der Apotheke oder Drogerie, wie z.B. Nahrungsergänzungsmittel und pflanzliche Präparate.

Auch manche Lebensmittel können verhindern, dass die Wirkstoffe vollständig in Deinen Körper gelangen. Dazu gehören:

  • Alkohol
  • Grapefruit
  • Extrakte aus Johanniskraut
  • Milch
  • Vorsicht auch bei koffeinhaltigen Getränken – manche Medikamente verstärken die Wirkung des Koffeins

Wissen um Nebenwirkungen

Jedes Medikament hat Nebenwirkungen. Das ist auch bei einer Krebstherapie nicht anders. Die Therapie bietet Dir aber die Chance auf mehr Lebenszeit und eine bessere Lebensqualität. Nebenwirkungen hingegen verschwinden in der Regel wieder, wenn Du die Therapie erfolgreich beendest. Und Du kannst auch aktiv dazu beitragen, die Folgen der Nebenwirkungen zu verringern.

  • Sprich vor dem Beginn der Medikamenteneinnahme am besten schon über erwartbare Nebenwirkungen und was dagegen hilft.
  • Informiere frühzeitig Dein Behandlungsteam über Deine Beschwerden, wenn sie denn auftreten. Es kann Dir Lösungen vorschlagen.
  • Sprich mit Deinem Team zeitnah auch über alle anderen Begleiterscheinungen und neue Beschwerden.
  • Halte die Telefonnummer Deines Teams immer griffbereit, damit Du im Zweifelsfall schnell nachfragen kannst.
  • Falls Dein Team Dir ein „Notfallset“ gegeben hat, halte es immer in Reichweite.

Halte engen Kontakt zu Deinem Behandlungsteam

Viele Studien haben gezeigt, dass ein enger Kontakt zu Deinem Behandlungsteam sehr wichtig ist. Ein vertrauensvoller Austausch kann Dich ermutigen, Deine Medikamente regelmäßig einzunehmen und Deine Therapie erfolgreich zu beenden. Rede daher immer offen mit Deinem Team. Scheue Dich nicht, bei Unklarheiten noch einmal nachzufragen. Und verheimliche nicht, wenn Du Medikamente nicht einnehmen möchtest: Ihr könnt gemeinsam eine Lösung finden.

Was ist noch wichtig?

  • Achte auf die richtige Aufbewahrung der Medikamente: Lagere sie trocken und lichtgeschützt, manche gehören auch in den Kühlschrank.
  • Informiere Dich frühzeitig über Maßnahmen, die bei häufigen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Schluckbeschwerden helfen.
  • Entwickle Strategien gegen das Vergessen der Einnahme: Nimm die Tabletten immer zur gleichen Uhrzeit ein, erstelle einen übersichtlichen Medikamentenplan, verwende eine Pillenbox oder Tablettendose.

Zusammengefasst

Bei einer Krebstherapie ist es wichtig, dass Du die Medikamente gewissenhaft einnimmst. Dabei helfen Dir einige Dinge: Du solltest wissen, wozu die Medikamente genau da sind, wie Du sie genau einnehmen musst und wie Du mit Schwierigkeiten umgehst.

Das kannst Du tun

  • Kläre vor Beginn der Medikamenteneinnahme folgende Fragen:
    • Was ist das Ziel dieser Medikamente?
    • Wie nehme ich meine Tabletten richtig ein?
    • Muss ich auf Wechselwirkungen mit anderen Mitteln achten?
    • Was passiert, wenn ich mal eine Tablette vergesse?
      Dein Behandlungsteam wird Dich zu diesen Fragen umfassend informieren.
  • Frage bei Unklarheiten sofort nach.
  • Sage Deinem Team immer Bescheid, wenn Probleme auftreten oder Du neue Beschwerden entwickelst.

Quellen

  • Universitätsklinikum Augsburg, Behandlung von Krebserkrankungen, abgerufen am 23.03.2023 von www.uk-augsburg.de
  • Deutsches Krebsforschungszentrum, Umgang mit Arzneimitteln: Tipps für Betroffene, Stand 15.01.2022, krebsinformationsdienst.de, abgerufen am 23.03.2023 von www.krebsinformationsdienst.de
  • Deutsches Krebsforschungszentrum, Mehr wissen über Arzneimittel: Tipps für Krebspatienten, Stand 01.01.2020, krebsinformationsdienst.de, abgerufen am 23.03.2023 von www.krebsinformationsdienst.de
  • Paranjpe, R., John, G., Trivedi, M., & Abughosh, S. (2019). Identifying adherence barriers to oral endocrine therapy among breast cancer survivors. Breast Cancer Research and Treatment, 174(2), 297–305. doi.org
  • Brown, M. T., Bussell, J., Dutta, S., Davis, K., Strong, S., & Mathew, S. (2016). Medication Adherence: Truth and Consequences. The American Journal of the Medical Sciences, 351(4), 387–399. doi.org
  • Bailey, R., English, J., Knee, C., & Keller, A. (2021). Treatment Adherence in Integrative Medicine-Part One: Review of Literature. Integrative Medicine (Encinitas, Calif.), 20(3), 48–60. www.ncbi.nlm.nih.gov
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Geschrieben von Dr. Volker Henn
Medizinischer Autor
Dr. Volker Henn ist Biochemiker und war lange in der Grundlagenforschung tätig. Heute arbeitet er als freier Wissenschaftsautor in Berlin. Neben dem Thema Krebs beschäftigt er sich vor allem mit Gen- und stammzelltherapien.
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