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Was hilft bei Kau- und Schluckbeschwerden?

Was hilft bei Kau- und Schluckbeschwerden?

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Autor: Christiane Hübbe
Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Veröffentlicht am 10. Juni 2021
Lesedauer ca.

Nach dem Lesen des Artikels weißt Du:

  • wodurch Kau- und Schluckbeschwerden ausgelöst werden.
  • wozu Kau- und Schluckbeschwerden führen können.
  • welche Tipps Dich beim Essen und Trinken unterstützen können.

Eine unangenehme Begleiterscheinung der Krebstherapie können Kau- und Schluckbeschwerden sein. Die Nahrungsaufnahme wird schwierig oder schmerzhaft, die Lust auf das Essen schwindet. Das kann dazu führen, dass Du weniger isst, weniger Energie aufnimmst und so ungewollt Körpergewicht verlierst. Auch Nährstoffe und Flüssigkeit nimmst Du weniger auf, was zu einem Mangel führen kann. Was Du mit Deiner Ernährung dagegen tun kannst, erfährst Du in diesem Artikel.

Wenn essen plötzlich schwierig wird

Durch das Kauen zerkleinern wir die Nahrung und reichern sie mit Speichel an. Der Speisebrei wird durch das Schlucken in den Magen transportiert. Es passiert nebenbei – einfach so. Du schluckst am Tag bis zu 2000-mal, sogar nachts und denkst nicht darüber nach. Und dennoch sind 50 verschiedene Muskelgruppen am Schluckvorgang beteiligt. Problematisch wird es erst, wenn dieser unbewusste Vorgang Schwierigkeiten bereitet – in diesem Fall sprechen Fachleute von Dysphagien, auf Deutsch Schluckstörung. (1)

Die Schluckbeschwerden können ausgelöst werden durch:

  • Schmerzhafte, entzündliche Veränderungen der Schleimhäute im Mund- und Rachenbereich in Folge der Chemo- bzw. Strahlentherapie
  • Operationen im Mund- und Halsbereich
  • Veränderung der Speichelproduktion und -konsistenz (4)

Bei vielen Chemotherapie-Behandelten kommt es im Anschluss zu einer Entzündung der Mundschleimhaut. Da im Mund zum Beispiel viele Bakterien vorkommen, kann es zusätzlich zu Infektionen kommen. Das alles ist schmerzhaft und erschwert das Schlucken und Kauen und somit die Nahrungsaufnahme. (7)

Der Bissen bleibt in der Speiseröhre hängen, gelangt nicht mehr in den Magen oder kommt immer wieder hoch. Im schlimmsten Fall landen Nahrung, Flüssigkeiten oder Magensäure durch Verschlucken in der Lunge. Eine gefährliche Situation, die zu Entzündungen der Lunge führen kann. Aber auch langfristige Folgen ziehen Dysphagien mit sich: Du nimmst weniger Nahrung und damit auch weniger Flüssigkeit, Energie, Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe auf. Es kann zu Austrocknung, Gewichtsverlust und Mangelernährung kommen. Nicht zuletzt leidet die Freude am Essen. (1)

Tipps, die Dir bei Kau- und Schluckbeschwerden helfen können:

1. Trockene, klebrige und faserige Speisen meiden

Trockene, harte, bröselige Lebensmittel wie Nüsse, Kekse, Salzstangen, Knäckebrot oder Zwieback sind schwer zu kauen. Das Gleiche gilt für faserige Lebensmittel wie Spargel oder Zuckerschoten. Auch klebrige Lebensmittel wie Karamell oder geschmolzener Käse können Schwierigkeiten verursachen, wenn sie am Gaumen kleben bleiben. Weiche oder pürierte Lebensmittel erleichtern das Schlucken dagegen. (2, 4)

2. Greife zu dickflüssigen Speisen

Dickflüssige, pürierte Mahlzeiten wie Suppen oder Brei sind leichter zu schlucken als wässrige Brühen. Diesen Tipp kannst Du selbst bei der Zubereitung Deiner Speisen umsetzen: Gemüse, aber auch Fleisch kannst Du weich kochen und zu Brei pürieren oder mit einer Gabel zerdrücken. Aus gekochtem Obst wie Äpfeln oder Birnen kannst Du Fruchtpüree herstellen. Eine einfache Alternative stellt Babynahrung dar, die Du im Glas kaufen kannst. Diese sind bekömmlich, salz- und säurearm. (2, 3, 4, 8)

3. Greife zu bekömmlichen Getränken

Trinken ist sehr wichtig, um Deinen Körper mit Flüssigkeit zu versorgen und einer Austrocknung vorzubeugen. Tausche kohlensäurehaltige durch stille Getränke. Am besten geeignet sind Wasser oder säurearme Tees wie Fenchel-, Kamillen- oder Salbeitee. Heiße sowie eiskalte Getränke solltest Du vermeiden. Ungeeignet sind außerdem säurehaltige oder alkoholische Getränke. Sowohl bei Getränken als auch bei Speisen gilt: Nicht zu kalt und nicht zu heiß. Hast Du Probleme beim Schlucken von Flüssigkeiten, können diese angedickt werden. Dazu gibt es geschmacksneutrale Dickungsmittel, die Du z.B. in Apotheken erhältst. (2, 3, 8, 10)

4. Konzentriere Dich auf das Essen

So banal es auch klingt, es ist sehr wichtig, denn das Kauen ist der erste Schritt der Verdauung. Nimm Dir für diesen besonders viel Zeit und konzentriere Dich auf diesen Vorgang genau. Warte mit dem Sprechen, bis Du heruntergeschluckt hast. Durch das Kauen wird die Nahrung zerkleinert und gleichzeitig mit Speichel vermischt. Ein homogener, gut gekauter Speisebrei lässt sich leichter schlucken. Hast Du Probleme beim Kauen, greife auf weiche Speisen wie Brei oder Suppen zurück, die nicht gekaut werden müssen! Dennoch gilt: Lass Dich beim Essen nicht ablenken durch Fernseher, Gespräche, Smartphone oder ähnliches, damit Du Dich auf den Kau- und Schluckvorgang konzentrieren kannst. (8, 9)

5. Verzichte auf Frischmilch

Bei Schluckbeschwerden solltest Du auf Frischmilch verzichten, da sie zu den schleimbildenden Lebensmittel zählt. Greife stattdessen zu Sauermilchprodukte wie Joghurt, Kefir, Quark, Skyr oder Soja-Drinks. (8)

6. Würze Deine Speisen mild

Achte beim Zubereiten Deiner Speisen darauf, auf intensive Gewürze zu verzichten, um Deine Schleimhäute nicht zu reizen. Verzichte auf zu scharfe, saure und süße Gewürze wie Essig, Zitronensaft, Chili, Pfeffer, Zwiebel- und Knoblauchpulver usw. Bekömmliche und in der Regel mild gewürzte Speisen sind beispielsweise Kartoffelbrei, Risotto, Rührei und Grießbrei. Probiere aus, was Du verträgst. (3, 5, 7)

7. Hilfsmittel sind erlaubt

Alles, was Dir dabei hilft, das Essen zu erleichtern, ist erlaubt. Hast Du Problem beim Trinken, dann probiere es mit einem Strohhalm oder einer Schnabeltasse. (2) Nehmen die Beschwerden stark zu, kannst Du Deine Nahrungsaufnahme mit Trinknahrung ergänzen. Diese hat eine optimale Zusammensetzung aus Energie, Proteinen, Kohlenhydraten, Mineralstoffen und Vitaminen. Sprich mit Deinem Behandlungsteam über diese Möglichkeit. (7)

8. Speichelproduktion bei Mundtrockenheit anregen

Werden Deine Schluckbeschwerden durch eine geringe Speichelproduktion ausgelöst, solltest Du diese anregen. Kaugummi, zuckerfreie Bonbons oder Pfefferminztee helfen dabei. Außerdem solltest Du regelmäßig, insbesondere bei den Mahlzeiten, vor jedem Bissen mit einem kleinen Schluck Wasser oder Tee Deinen Mund anfeuchten. (4, 8)

9. Verzichte auf saure Früchte

Kämpfst Du mit Schleimhautentzündungen, können saure Lebensmittel sehr unangenehm sein. Sauerkirschen, Ananas, Johannisbeeren, Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen und Limetten enthalten viel Säure. Greife stattdessen zu Banane, Birne, Melone und säurearmen Apfelsorten wie Golden Delicious oder Jonagold. Auch Früchtetees und Fruchtsäfte können problematisch sein. Im Handel gibt es säurearme Säfte und Tees, die oft in der Babyabteilung zu finden sind. (6, 8)

10. Iss kalorienreich!

Es liegt auf der Hand: Wenn Du nur wenig essen kannst, sollte das, was Du isst, möglichst energiereich sein. An Proteinen sollte es auch nicht fehlen, denn Proteine bestehen aus Aminosäuren, aus denen Deine Muskeln aufgebaut sind. Für den Muskelerhalt sind Proteine aus Fleisch, Fisch, Milch und Milchprodukten, Tofu, Hülsenfrüchten deshalb unerlässlich. Fleisch und Fisch kannst Du weich kochen und anschließend pürieren. Reichere Deine Mahlzeiten mit Öl, Butter oder Frischkäse oder Sahne an. Das macht den Speisebrei geschmeidiger, hilft beim Schlucken und liefert zusätzlich Energie. (8, 6, 11)

Zusammengefasst

Kau- und Schluckbeschwerden sind belastend und können ganz unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Sind Deine Probleme beim Kauen oder Schlucken besonders belastend, ist auch der Einfluss auf Deine Nahrungsaufnahme groß. Wichtig ist, dass Du genau darauf achtest, was Du besser essen oder trinken kannst und was Dir Schwierigkeiten bereitet. So kannst Du Deine Mahlzeiten danach anpassen. Nimm auch Hilfsmittel an, wie Strohhalm, Schnabeltasse, Trinknahrung oder ärztlich verschriebene Medikamente. Dein Behandlungsteam steht Dir dazu beratend zur Seite.

Das kannst Du tun

  • Verzichte auf trockene, scharfkantige, klebrige oder faserige Lebensmittel.
  • Bevorzuge dickflüssige, breiige Speisen wie Suppe oder Püree.
  • Greife zu stillen Getränken wie Wasser oder Tee.
  • Meide alkoholische oder säurehaltige Getränke.
  • Dickungsmittel aus der Apotheke können Dir helfen, Dünnflüssiges besser schlucken zu können.
  • Konzentriere Dich auf das Essen – ohne Ablenkung.
  • Meide Frischmilch – sie ist schleimbildend.
  • Würze Deine Speisen nur mild.
  • Strohhalm und Schnabeltasse können Dich beim Trinken unterstützen.
  • Bei Mundtrockenheit kann ein Kaugummi, Bonbons oder Pfefferminztee helfen.
  • Verzichte auf saure Lebensmittel wie Zitrusfrüchte, Sauerkirschen oder Fruchtsaft – sie reizen die Schleimhäute.
  • Reichere Deine Mahlzeiten mit Butter, Öl, Frischkäse oder Sahne an – das erleichtert das Schlucken und die Energieaufnahme.
  • Proteine sind wichtig: Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Tofu, Hülsenfrüchte sollten (z.B. püriert) regelmäßig auf dem Speiseplan stehen.

Du kannst die Rezepte „Erbsensuppe mit Minze“, „Schoko Bananen Erdnuss Smoothie“ und „Thunfisch Aufstrich“ bei Kau- und Schluckbeschwerden probieren. Du findest sie in den Mika Rezepten oder in den Leseempfehlungen unter diesem Artikel.

Quellen

  1. Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V., Schlucken – lebenswichtig und nicht immer selbstverständlich, Pressemitteilung vom 15.02.2017, abgerufen am 08.05.2021 von www.dbl-ev.de
  2. Deutsche Krebsgesellschaft e. V., Schluckbeschwerden als Nebenwirkung einer Krebstherapie, Fachartikel 20.04.2017, abgerufen am 05.05.2021 von www.krebsgesellschaft.de
  3. In Form- Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung, Ernährungstherapie bei Krebserkrankungen, Fachartikel, 2019, abgerufen am 07.05.2021 von www.station-ernaehrung.de
  4. Brustkrebszentrale, Schluckbeschwerden nach einer Chemotherapie, Informationsartikel 2021, abgerufen am 09.05.2021 von www.brustkrebszentrale.de.
  5. Universitätsspital Bern, Nebenwirkung und Pflege, Informationsartikel, 2021, abgerufen am 09.05.2021 von www.radioonkologie.insel.ch
  6. Deutsche Krebshilfe und Deutsche Krebsgesellschaft: Blauer Ratgeber Ernährung bei Krebs. Abrufbar unter www.krebshilfe.de
  7. Berliner Krebsgesellschaft e.V., Nebenwirkung der Tumortherapie, Informationsbroschüre, 2018, abgerufen am 09.05.2021 von www.berliner-krebsgesellschaft.de
  8. Hans-Konrad Biesalski, Michael Adolph: Ernährungsmedizin nach dem neuen Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer, 2010, S. 586- 593.
  9. Ernährungspraxis Onkologie, Behandlungsalgorithmen, Interventions-Checklisten, Beratungsempfehlungen,Schattauer Verlag, 2016, S. 119.
  10. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V.,  Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis, 2019, abgerufen am 10.05.2021 von www.dgem.de
  11. Niedersächsische Krebsgesellschaft e. V., Nebenwirkungen der Krebstherapie Was kann sie lindern? Informationsbroschüre, 2016, abgerufen am 10.05.2021 von www.nds-krebsgesellschaft.de
  12. Ernährung bei Schluckstörungen, Janac, Koller Kreuter-Müller, Tomic, 2017, maurich Verlag.
CH
Geschrieben von Christiane Hübbe
Medizinischer Autor
Christiane Hübbe ist Ökotrophologin und Ernährungswissenschaftlerin und spezialisiert auf gruppen- und kulturspezifische Ernährung sowie die Entwicklung von Online-Gesundheitsinhalten.
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