Beitrag
Du verlierst Gewicht? Bei Krebs gefährlich!

Du verlierst Gewicht? Bei Krebs gefährlich!

M
Autor: Mika Redaktion
Fachliche Prüfung: Dipl. oec. troph. Karin Kastrati
Veröffentlicht am 21. Dezember 2022
Lesedauer ca.

In diesem Artikel erfährst Du:

  • wieso Abnehmen unvorteilhaft sein kann
  • was Du tun kannst, wenn Du ungewollt an Gewicht verlierst

Sicher weißt Du, dass gesunden Menschen empfohlen wird, das Körpergewicht im Normalbereich zu halten und bei Übergewicht abzunehmen. Das beugt Krebs und anderen Erkrankungen vor. Das ist jedoch anders, wenn Du bereits an Krebs erkrankt bist! Denn Dein Körper braucht jetzt seine ganze Kraft.

Es gilt: Halte Dein Körpergewicht stabil – auch wenn Du übergewichtig bist.

Beachte: Ein ungewollter Gewichtsverlust geht meist mit einer sogenannten Mangelernährung einher. Das heißt, Dein Körper bekommt nicht die Nährstoffe und Vitamine, die er im Kampf gegen den Krebs benötigt.

Trotzdem ist es nicht außergewöhnlich, wenn Du im Rahmen Deiner Erkrankung abgenommen hast. Gewichtsverlust kommt bei Krebs häufig vor. Deshalb wird er oft als normal akzeptiert. Wer ein paar Kilos zu viel wiegt, freut sich vielleicht sogar über die Gewichtsabnahme. Es liegt nahe, zu denken, dass dies gut und gesund wäre. Doch ungewollter Gewichtsverlust während einer Krebserkrankung schadet Deinem Körper – und zwar egal, mit welchem Körpergewicht Du startest.

Nur in Einzelfällen kann ein langsames, sanftes Abnehmen sinnvoll sein:

  • wenn die Behandlung abgeschlossen ist
  • wenn Du die Gewichtsabnahme von Deinem Behandlungsteam empfohlen bekommen hast. Nimm auch dann nur mit medizinischer Begleitung ab.

Warum ist ein gleichbleibendes Gewicht so wichtig?

Während einer Krebserkrankung können schon 5 % Gewichtsverlust innerhalb von 3 Monaten zu einer Mangelernährung führen.

5 % sind nicht viel: Bei einer Person mit 70 kg sind das gerade mal 3,5 kg! Das ist so wenig, dass Du es vielleicht nicht mal merkst und man es Dir gar nicht ansieht.

Eine Mangelernährung kann jedoch den Krankheitsverlauf und Deine Lebensqualität negativ beeinflussen. Mögliche Folgen können sein:

  • Nebenwirkungen Deiner Behandlung können sich verschlimmern oder neue können hinzukommen.
  • Dein Immunsystem kann geschwächt werden. Es treten mehr Infekte auf.
  • Die Wirksamkeit Deiner Behandlung kann beeinträchtigt werden – Therapien müssen unter Umständen häufiger unter- oder abgebrochen werden. Das kann den Verlauf der Erkrankung verschlechtern.
  • Wunden heilen eventuell schlechter.
  • Ein vermehrter Muskelabbau führt zu reduzierter Leistungsfähigkeit.
  • Du bist kraftlos und kannst oder willst Dich unter Umständen weniger bewegen.

Medizinische Fachleute schätzen, dass von den 220.000 Krebstoten im Jahr in Deutschland jeder Fünfte an den Folgen einer Mangelernährung stirbt und nicht am Tumor selbst.

Das kannst Du tun

Die oberste Regel: Halte Dein Körpergewicht stabil – auch wenn Du übergewichtig bist. 

Tipp: Sieh Dir auch die Mika-Themenreise „Ernährung bei Krebs“ an. Dort erfährst Du Hintergründe, Tipps und viele weitere Informationen zum Thema Essen und Krebs.

1. Führe ein Gewichtstagebuch

Schreibe Dein Gewicht regelmäßig auf. So kannst Du erkennen, ob Du ungewollt Gewicht verlierst oder zunimmst.

→ Wiege Dich dafür einmal wöchentlich immer zum gleichen Zeitpunkt (z.B. mittwochs nach dem Aufstehen, nach dem Toilettengang, nüchtern) und notiere den Wert.

Beachte: Nicht erschrecken, wenn sich das Gewicht vom einen zum anderen Wiegetag verändert. Auch Wassereinlagerungen können zu Gewichtsschwankungen führen. Wichtig ist es, den Trend über einige Tage/Wochen hinweg zu beobachten. Nimmst Du kontinuierlich ab, solltest Du etwas dagegen tun.

2. Iss und trink energiereiche Lebensmittel

Jede Kalorie ist wichtig! Du brauchst jetzt Energie und Muskelkraft für den Weg mit der Krankheit.

So holst Du Dir, was Dein Körper braucht:

  • Notiere, wie Deine typische Ernährung über den Tag aussieht: Was isst und trinkst Du zu welchem Zeitpunkt? So bekommst Du einen besseren Überblick.
  • Wähle kalorienreiche Lebensmittel, um energiearme Produkte zu ersetzen – z.B. Croissant statt Brot, oder Gnocchi statt Kartoffeln.
    Tipp: Die Liste Energiedichte in Lebensmitteln hilft Dir dabei.
  • Versuche, über den Tag viele kalorienreiche Snacks zu Dir zu nehmen, z.B. Nüsse, Avocado, Käsewürfel oder Milchshakes.
    Stelle Dir kleine Schälchen mit den Snacks verteilt in der ganzen Wohnung oder Deinem Haus auf. So fällt es Dir leicht, häufig hineinzugreifen.
  • Auch mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt (mindestens 5 statt der üblichen 3) können hilfreich sein.
  • Reichere Suppen, Soßen und andere weiche Speisen mit extra Kalorien an. Füge beispielsweise hinzu:
    • Butter
    • Sahne
    • Mascarpone
    • pflanzliche Öle
    • Erdnussbutter
    • Mandelmus
  • Füge energiereiche Komponenten zu Deinen Mahlzeiten hinzu:
    • Kombiniere z.B. Gemüse mit herzhaften Soßen.
    • Überbacke Speisen mit Käse.
    • Ergänze Joghurt mit Nüssen und Rosinen.
    • Nutze vollfette Milchprodukte (z. B. Sahnejoghurt) anstatt der fettarmen (oder light) Variante
    • Greife bei fettreichen Wurst- und Käsesorten zu, wie zum Beispiel Salami oder Camembert.
    • Falls Du Dich nicht vegetarisch ernährst, genieße gerne 2–3-mal die Woche eine Fleischmahlzeit. Diese liefert Deinem Körper die Extra-Portion Eiweiß, die er jetzt braucht.
  • Iss das, worauf Du Lust hast, auch wenn das vielleicht nicht unbedingt zu den „gesunden” Lebensmittel zählt.

3. Nutze Trinknahrung

Trinknahrung ist Deine „Geheimwaffe” in schwierigen Zeiten. Sogenannte vollbilanzierte Trinknahrung (auch Astronautennahrung genannt) enthält alle lebensnotwendigen Kalorien und Nährstoffe, die Dein Körper braucht. Bitte nicht mit Trinknahrung aus der Drogerie verwechseln.

Sie ist flexibel einsetzbar: als Ergänzung oder als Ersatz für normale Lebensmittel.

  • Verwende Trinknahrung mit mindestens 1,5 kcal/ml, wenn Dir das Essen schwerfällt oder wenn Du abnimmst, obwohl Du normal isst. Trinknahrung kann auch eine Entlastung sein, wenn Du viel unterwegs bist oder es Dich sehr anstrengt, Essen zuzubereiten.
  • Du bekommst Trinknahrung in der (Online-)Apotheke oder im Sanitätshaus. Deine Ärztin oder Dein Arzt kann Dir ein Rezept für Trinknahrung geben.

Tipp: Ein Fläschchen Trinknahrung zusätzlich zu den Mahlzeiten hilft, kann aber schnell langweilig werden. Probiere daher, die Trinknahrung in Deine Rezepte einzubauen. Gib zum Beispiel einen Schuss neutraler Trinknahrung in den Kartoffelbrei anstatt der sonst üblichen Milch, und schon hast Du viel mehr Kalorien. Oder mixe Dir einen leckeren Smoothie mit der Trinknahrung und frischem Obst oder genieße sie eisgekühlt aus dem Eisfach. Die vielfältigen Geschmacksrichtungen machen vieles möglich.

4. Hole Dir Unterstützung, wenn es schwierig wird

Wenn es Dir nicht gelingt, Dein Gewicht stabil zu halten oder Dir bestimmte Beschwerden sehr zu schaffen machen, hole Dir professionelle Unterstützung.

  • Deine Ärztin oder Dein Arzt kann Dir besonders kalorienreiche Zusatznahrung verschreiben.
  • Eine Ernährungsberaterin/Diätassistentin oder ein Ernährungsberater/Diätassistent kann Dir bei der Auswahl und Zusammenstellung Deiner Nahrung helfen.

Warum verlieren viele Menschen mit Krebs an Gewicht?

Gewichtsverlust bei Krebs kann verschiedene Ursachen haben:

  • Höherer Energieverbrauch
    Bei Krebs erhöhen krankheitsbedingte Entzündungen und Stoffwechselveränderungen den Energieverbrauch. Auch der Tumor selbst benötigt viel Energie. Gleichzeitig kann Dein Hungergefühl weniger werden.
  • Veränderter Stoffwechsel
    Muskel- und Fettmasse werden bei einer Krebserkrankung schneller abgebaut. Gleichzeitig baut Dein Körper nicht mehr so leicht Muskeln auf. Er verliert zudem häufig seine Fähigkeit, bei geringerer Energiezufuhr auf Sparflamme umzuschalten.
  • Du isst weniger
    Die Krankheit selbst und die Therapien können zu einer Vielzahl von Beschwerden führen. Auch der Stress und die psychische Belastung können Dir die Freude und Lust am Essen nehmen.
  • Radikale Ernährungsumstellungen
    Auch absichtlich durchgeführte Ernährungsumstellungen sind ein Grund für gefährlichen Gewichtsverlust. Radikale Ansätze machen es schwerer, ausreichend Energie und Nährstoffe aufzunehmen und können zusätzliche Beschwerden auslösen. Beispiele sind, vermeintliche Wundermittel oder Diäten.

Es funktioniert aber nicht, den Krebs aushungern. Isst Du nicht genug, so ziehen die Krebszellen Energie aus den Vorräten Deines Körpers.

Zusammengefasst

Bei einer Krebserkrankung ist es sehr wichtig, dass Du Dein Gewicht stabil hältst. Ein Gewichtsverlust kann schnell zu einer Mangelernährung führen, die nicht nur den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen kann, sondern auch Deine Lebensqualität beeinträchtigt.

Das kannst Du tun

  • Führe ein Gewichtstagebuch für mehr Überblick.
  • Sprich mit Deinem Behandlungsteam, wenn Du feststellst, dass Du Gewicht verlierst. Es kann Dir für Dich passende Tipps und Informationen geben. Zudem:
    • Iss und trink energiereich.
    • Nutze Trinknahrung.
    • Hole Dir frühzeitig professionelle Unterstützung.
  • Sieh Dir auch die Mika-Themenreise „Ernährung bei Krebs“ an. Dort erfährst Du Hintergründe, Tipps und viele weitere Informationen zum Thema Essen und Krebs.

Quellen

  • Arends, J., Baracos, V., Bertz, H., Bozzetti, F., Calder, P.C., Deutz, N.E.P., Erickson, N., Laviano, A., Lisanti, M.P., Lobo, D.N. McMillan, D.C., Muscaritoli, M., Ockenga, J., Pirlich, M., Strasser F., de van der Schueren, M., Van Gossum, A. Vaupel, A., Weimann, A. (2017). ESPEN expert group recommentations for action against cancer-related malnutrition. Clinical Nutrition, 36, 1187-1196. dx.doi.org
  • Arends, J., Bertz, H., Bischoff, S.C., Hermann, H. J., Holm, E., Horneber, M., Hütterer, E., Körber, J., Schmid, I. und das DGEM Steering Committee. (2015). S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e. V. (DGHO), der Arbeitsgemeinschaft „Supportive Maßnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin“ der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS) und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE) Klinische Ernährung in der Onkologie. Aktuel Ernahrungsmed, 40(05), 1-74. dx.doi.org
  • Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRIO) (ed.). (2016). Improving nutritional care for cancer patients in Germany. Joint position paper from the German Cancer Society‘s (GCS) Working Group on Prevention and Integrative Oncology (PRIO), in collaboration with other associations. Ernahrungs Umschau, 63(02), 43–47.
  • Deutsches Ärzteblatt. (2018, 21. Juni). Jeder vierte Krankenhauspatient ist mangelernährt www.aerzteblatt.de
  • Erickson, N., Schaller, N., Berling-Ernst, A.P., Bertz, H. (2017) Ernährungspraxis Onkologie. Schattauer GmbH.
  • Valentini, L., Volkert, D., Schütz, T., Ockenga, J., Pirlich, M., Druml, W., Schindler, K., Ballmer, P.E., Bischoff, S.C., Weimann, A., Lochs, H. (2013). Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), DGEM-Terminologie in der Klinischen Ernährung. Aktuel Ernahrungsmed, 38, 97–111. dx.doi.org
  • World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research. (2018). Continuous Update Project Expert Report 2018. Recommendations and public health and policy implications. dietandcancerreport.org
  • Zürcher, G., Arends, J., Pirlich, M. (2018). Tumorkachexie und Ernährungstherapie bei Krebserkrankungen. In Biesalski, H.K., Bischoff, S.C., Pirlich, M., Weimann, A. Ernährungsmedizin, Georg Thieme Verlag KG. dx.doi.org
  • Bertz, H. und Zürcher, G. (2014). Ernährung in der Onkologie: Grundlagen und klinische Praxis, Schattauer GmbH.
  • Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. (2014, 1. Dezember). Kräfte sammeln und bewahren: Was tun bei Gewichtsverlust? Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ). www.krebsinformationsdienst.de
M
Geschrieben von Mika Redaktion
Autor
Das Redaktionsteam von Mika arbeitet mit medizinischen Fachleuten, ausgebildeten Journalisten, Fachexperten und Psychoonkologen zusammen.
Auf dieser Seite: